Photovoltaik auf Balkonien
Sehr kleine Photovoltaikanlagen bestehend aus wenigen Solarmodulen – oder sogar nur einem einzigen Modul – erfreuen sich bei Energieverbrauchern zunehmender Beliebtheit. Elektrofachverbände warnen jedoch vor einem zu leichtfertigen Umgang.
(18. Juni 2013) Fest installierte Photovoltaikanlagen sind selbst auf den kleinen Dächern von Einfamilienhäusern oder gar Carports längst etabliert. Bei den üblicherweise gebauten Anlagen wird der auf dem Hausdach erzeugte Gleichstrom mit hoher Spannung zu einem zentralen Wechselrichter im Gebäude geführt, wo die Umwandlung in haushaltsübliche Wechselspannung erfolgt. Bereits seit einiger Zeit erhältlich sind alternativ auch sogenannte Modulwechselrichter. Diese sehr kleinen Geräte werden direkt an ein einzelnes Solarmodul angeschlossen. Dieses Konzept hat technisch gewisse Vorteile, jedoch sind die Kosten für viele kleine Wechselrichter auch wesentlich höher, als für einen zentralen Wechselrichter, weshalb sich Modulwechselrichter bisher nicht durchsetzen konnten.

Louis-F. Stahl | Betreiber einer Photovoltaikanlage und Chefredakteur des Branchenportals BHKW-Infothek.de für stromerzeugende
Heizungen
Wenig echte Innovation
Neuerdings bieten nun findige Unternehmen Photovoltaik-Sets an, die nur aus einem Solarmodul mit angeklebtem Modulwechselrichter sowie ein paar Befestigungswinkeln bestehen und sich angeblich auch von Verbrauchern sehr leicht über einen Schukostecker an jeder Steckdose in Betrieb nehmen lassen. Je nach Bedarf sollen Verbraucher zudem einfach mehrere solcher Module parallel „einstecken“ können. Diese einfache Konfektionierung handelsüblicher Komponenten verkaufen die Anbieter zumeist als „große Innovation“ und versprechen darüber hinaus, dass der Verbraucher „nichts weiter beachten“ müsse. Weder eine Anmeldung der Anlage sei erforderlich, noch sei es problematisch, wenn der „Stromzähler rückwärts dreht“, wie ein Anbieter auf seiner Webseite behauptet.
Modulwechselrichter erlauben kein Plug & Play
Der VDE warnte hingegen vor kurzem ausdrücklich vor dem Anschluss von PV-Anlagen über eine nur für den Anschluss von Stromverbrauchern konzipierte Schukosteckdose: „Das Einstecken eines Erzeugungsgerätes in die Steckdose ist nicht mit dem Einstecken eines elektrischen Verbrauchsgerätes zu vergleichen und ist entsprechend der DIN VDE 0100-551 unzulässig“, so der Verband. Auch wenn die offenliegenden Kontakte des Schukosteckers stromlos sein sollen, wenn der Stecker nicht in der Steckdose steckt, könne es unter bestimmten Voraussetzungen zu einem lebensgefährlichen Stromschlag kommen. Weiterhin bestehe „das Risiko, dass Brände durch Überlastung des Stromkreises entstehen“, da die Absicherung von Verbraucherstromkreisen nicht für die Einspeisung von Strom ausgelegt sei, warnt der Verband in einer öffentlichen Erklärung.
Die Anbieter solcher Anlagen ließ die berechtigte Kritik des VDE hingegen unbeeindruckt: Es erfolge keine direkte Verbindung der PV-Anlage mit dem Stromnetz, da man einen kleinen Akku installiert habe und für die Einspeisung aus Akkus im Gegensatz zur Einspeisung aus PV-An-lagen ein Ausnahmetatbestand greife, argumentiert ein spitzfindiger Anbieter. Zudem weise man in den Anleitungen der Anlagen darauf hin, dass die Sicherung des betreffenden Stromkreises ausgetauscht werden müsse, die Installation nur durch Fachpersonal erfolgen dürfe und ein Schukostecker nicht empfehlenswert sei. Somit ist die Installation solcher Anlagen in Wirklichkeit doch nicht „ganz einfach“ und nur über einen von Fachkräften speziell für die PV-Anlage ausgerüsteten Stromanschluss sicher und zulässig.

Solarmodule lassen sich auch auf Balkonen, Terrassen oder im Garten installieren und können die Strombezugskosten senken.
Auch Balkonkraftwerke unterliegen Gesetzen
Darüber hinaus ist es nur mit einem fachgerechten Anschluss der Anlage nicht getan. Auch wenn die Anbieter von Balkonkraftwerken teilweise behaupten, dass ihre Anlagen nicht über die Schutzeinrichtungen von normalen PV-Anlagen verfügen müssen und diese Komponenten deswegen nur als optionales Zubehör gegen Aufpreis angeboten werden, verlangt § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes die Einhaltung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ von allen Energieanlagen unabhängig von deren Größe. Weil der Gesetzgeber dahingehend ausdrücklich auf die Regeln des VDE verweist, müssen auch Balkonkraftwerke die für Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz vorgesehene Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 erfüllen.
Diese Anwendungsregel sieht unter anderem vor, dass jede Erzeugungsanlage über einen Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz) verfügen muss, der die Anlage bei fehlender oder unzulässiger Netzspannung sowie bei ungewöhnlichen Netzzuständen sicher vom Stromnetz trennt. Die Netzüberwachung sowie die Schalteinrichtungen dieser auch unter dem Namen „ENS“ bekannten Schutzeinrichtung müssen nicht nur redundant vorhanden sein, sondern zusätzlich mit einer gegenseitigen Überwachung ausgerüstet sein. Nur durch diese doppelte Absicherung kann die Anlagen- und Stromnetzsicherheit jederzeit gewährleistet werden.
Auch wenn Balkonkraftwerksbetreiber auf den Erhalt einer Einspeisevergütung verzichten, um die Anmeldung bei der Bundesnetzagentur und dem Finanzamt sowie die dann obligatorische Unternehmereigenschaft zu vermeiden, lässt sich die Anmeldung beim örtlichen Netzbetreiber nicht vermeiden. Zwar sparen die Betreiber der kleinen PV-Anlagen bei einem Verzicht auf die EEG-Vergütung auch die Kosten für einen Zwei-Richtungs-Zähler zur Messung der Einspeisestrommenge. Der Netzbetreiber muss jedoch sicherstellen, dass vor der Inbetriebnahme ein Stromzähler mit Rücklaufsperre installiert wird, sofern ein solcher nicht bereits verbaut ist. Denn mehr als nur geringfügig rückwärts drehen darf sich der Bezugsstromzähler nicht!
Wurde elektrische Energie von einem Verbraucher zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Netz entnommen, sind die entsprechenden Strommengen dem Stromlieferanten zu bezahlen, die Netzbetreiber haben einen Anspruch auf die Durchleitungsgebühren und für den Staat fallen Steuereinnahmen an. Auch wenn es für den Anlagenbetreiber wünschenswert wäre, das Netz einfach als kostenlosen Akku nutzen zu können und dabei den Zähler zurück zu drehen, so ist dies, wie auch ein Zurückdrehen eines Autotachos, strafbar.
Es fehlen gute Stromspeicher
Durch den Einsatz eines Akkus könnte die Eigenverbrauchsquote auch ohne ein Rückwärtsdrehen des Zählers signifikant gesteigert werden (siehe PV-Anlagen mit Batteriespeicher). Tatsächlich bieten die Anbieter der Balkonkraftwerke mit Schukosteckern sogar Modelle mit einem eingebauten Akku an. Doch sind deren Akkulösungen leider zumeist mit einer ebenso heißen Nadel gestrickt, wie deren Sicherheitskonzepte. Bei einem Wirkungsgrad der Billigspeicher von teilweise nur etwa 50 Prozent laut Herstellerdatenblatt ist der geforderte Mehrpreis in Höhe von etwa 60 Prozent nicht wirtschaftlich vertretbar. Zudem werden die Akkus bei diesen Anlagen oftmals zusammen mit dem Solarmodul sowie dem Modulwechselrichter in einem heißen Gehäuse untergebracht und -werden unter diesen Bedingungen nicht lange überleben.
Die Wirtschaftlichkeit ist fraglich
Die günstigsten Preise für sehr billige aber gefährliche „Plug & Play-Module“ mit 200 Watt Maximalleistung fanden wir in Internetshops für etwa 500 Euro inklusive der Lieferung über einen Paketdienst, was einem Preis von 2.500 Euro je kWp entspricht. Eine sichere Anlage mit 250 Watt Maximalleistung und Schutzeinrichtungen nach VDE-AR-N 4105 sowie Montage und Herstellung eines festen Stromanschlusses einschließlich passender Sicherungen durch einen Elektroinstallateur ist hingegen ab etwa 850 Euro zu haben, was bereits 3.400 Euro je kWp entspricht. Gewöhnliche Dachanlagen sind für Einfamilienhäuser mit Dachmontage bereits ab etwa 1.500 Euro je kWp erhältlich.
Doch entsprechende Verbräuche und eine gute Aufstellmöglichkeit auf einem größeren Balkon, einer Terrasse oder im Garten voraus-gesetzt, kommen auch schnell mehrere Module in Frage. Dadurch sinkt der Preis pro kWp, da die Grundkosten für Schutzeinrichtungen und eine fachgerechte Installation unabhängig davon anfallen, ob eines oder ein paar Module installiert werden.
Ein solches Beispielbalkonkraftwerk mit 1,0 kWp und zentralem Wechselrichter mit NA-Schutz kostet, entsprechend dem Autor vorliegenden Angeboten, etwa 2.400 Euro einschließlich Mehrwertsteuer und fachgerechtem Anschluss ans Netz und könnte unter guten Bedingungen einen Ertrag von etwa 850 bis 920 kWh im Jahr erzielen. Bei einem angenommenen Jahresstromverbrauch von etwa 4.000 kWh in einem Haushalt, in dem besonders auch tagsüber ein entsprechender Strombedarf besteht, kann von einer Eigenverbrauchsquote zwischen 60 und 75 Prozent ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung eines Strompreises in Höhe von 29 Cent je kWh ergibt sich eine jährliche Ersparnis von 150 bis 200 Euro. Ohne Berücksichtigung der Kapitalkosten sowie der Modulalterung, dafür aber auch ohne Einbeziehung der schwer absehbaren Strompreisanstiege würde sich eine solche Anlage bestenfalls nach 12 bis 16 Jahren amortisieren.
Zur rechtlichen Problematik hier.

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