(10. April 2008) Für Verbraucher sind die vom Stromversorger geforderten Baukostenzuschüsse oft nicht nachvollziehbar. Der Stromversorger kann nach § 11 der Niederspannungsanschlussverordnung bis 50% der Kosten der örtlichen Verteilanlage dem Anschlussnehmer in Rechnung stellen. Grundlage ist § 17 des Energiewirtschaftsgesetzes.
Die Bundesnetzagentur hat am 11. Dezember 2007 dazu in einem besonderen Mißbrauchsverfahren nach §65 EnWG eine Grundsatzentscheidung getroffen (Aktenzeichen: BK06-07-018):
Die schlichte Nennung eines Betrags in Euro je Kilowatt Anschlussleistung ist für die Beurteilung der Angemessenheit nicht ausreichend. Der Netzbetreiber muss auf Anforderung den geforderten Betrag durch Offenlegung der Berechnungsgrundlagen erläutern.
Ferner ist es mißbräuchlich, wenn der Netzbetreiber die Zahlung unter Vorbehalt der Überprüfung zurückweist und den Anschluss erst nach vorbehaltsloser Zahlung herstellt.
Auszug aus dem Beschluss der Netzagentur:
a) Das Verhalten der Antragsgegnerin in Bezug auf die Nichtoffenlegung der BKZ-Kalkulation stellte eine Zuwiderhandlung gegen die Vorgaben der §§ 17, 189 EnWG dar.
Durch die bloße Nennung eines Einheitspreises in EUR/kW als Grundlage für die Berechnung des zu zahlenden Baukostenzuschusses und die Weigerung, die diesem Betrag zugrunde liegende Berechnung auf erstes Anfordern offen zu legen, ist die Antragsgegnerinder ihr obliegenden Verpflichtung zum Nachweis der Angemessenheit der Höhe des Baukostenzuschusses nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
Vorliegend stand ein Anschluss an das Niederspannungsnetz der Antragsgegnerin in Rede. Einschlägige Anspruchsgrundlage für die Erstellung eines solchen Anschlusses war somit § 18 EnWG. Wie sich sowohl aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 1 EnWG ("Abweichend von § 17 haben Betreiber …") als auch aus der Systematik der §§ 17, 18 EnWG ergibt, stellen die Vorgaben des § 18 EnWG Spezialregelungen für die Versorgung der Allgemeinheit mit Niederspannungs- bzw. Niederdruckanschlüssen dar. § 18 EnWG macht hierbei die Vorgabe, dass die Bereitstellung von Netzanschlüssen im Geltungsbereich dieses speziellen Anspruchs zu allgemeinen Bedingungen zu erfolgen hat. Nähere inhaltliche Vorgaben, an denen die vom Netzbetreiber gestellten allgemeinen Anschlussbedingungen zu messen sind, macht § 18 EnWG nicht. Diesbezüglich ist auf die Kriterien des § 17 Abs. 1 EnWG abzustellen. Auch die im Rahmen des Anspruchs nach § 18 EnWG anzuwendenden allgemeinen Bedingungen haben daher in Bezug auf technische und wirtschaftliche Bedingungen insbesondere den Erfordernissen der Angemessenheit, Diskriminierungsfreiheit und Transparenz gerecht zu werden.
Das Erfordernis der angemessenen wirtschaftlichen Bedingungen bezieht sich auch auf Baukostenzuschüsse.
Hierbei handelt es sich um eine vom Anschlussnehmer zu erbringende Leistung wirtschaftlicher Art, die ihre Legitimation primär aus der Sicherstellung einer bedarfsgerechten Leistungsinanspruchnahme herleiten kann.
Diese wirtschaftliche Bedingung muss angemessen sein.
Angemessenheit kann dabei verstanden werden als Gewährleistung einer Verhältnismäßigkeit gegenüber dem Anschlussnehmer. Soweit untergesetzliche Normen Leitlinien für das Aufstellen solcher Anschlussbedingungen enthalten, hat eine Angemessenheitsprüfung diese in besonderer Weise in die Abwägung einzubeziehen.
Für den Bereich der Stromversorgung in Niederspannung machte der im vorliegenden Fall noch anwendbare § 9 AVBEltV konkrete Vorgaben hinsichtlich derjenigen Kosten, auf deren Grundlage ein Baukostenzuschuss errechnet werden durfte. Vergleichbare Vorschriften enthält auch der heute für Baukostenzuschüsse im Niederspannungsnetz geltende § 11 NAV.
Die Frage der Angemessenheit eines geforderten Baukostenzuschusses kann vom Anschlussnehmer aber nur dann sachgerecht beurteilt werden, wenn dieser zumindest in schematischer Art und Weise in die Lage versetzt wird, eine eigene Bewertung hierüber anzustellen.
Im Falle der durch § 9 AVBEltV bzw. § 11 NAV vorgegebenen Berechnung des Baukostenzuschusses auf Basis der in einem Versorgungsbereich für die Erstellung bzw. Verstärkung des Netzes entstandenen Kosten reicht die bloße Nennung eines Betrages in der Einheit EUR/kW Anschlussleistung nicht aus. Der Anschlussnehmer kann anhand dieses einzelnen Wertes in Verbindung mit der von ihm benötigten Anschlussleistung zwar errechnen, welche Baukostenzuschuss-Summe im konkreten Fall von ihm gefordert wird. Die Beurteilung, ob diese Summe unter Beachtung der vorgeschriebenen Berechnungsmethodik, unter Einbeziehung der nach AVBEltV bzw. NAV zulässigen Kostenbestandteile des Versorgungsbereichs und unter Beschränkung auf den insgesamt in einem Versorgungsbereich umlegbaren Kostenanteil zustande gekommen ist, wird dadurch aber nicht möglich. Es muss daher einem Netzbetreiber abverlangt werden können und ist diesem auch zumutbar, gegenüber einem Anschlussnehmer zumindest auf dessen ausdrückliche Anfrage hin die Berechnungsgrundlagen für den ermittelten Baukostenzuschuss aufzuschlüsseln, sofern die Ermittlung des Baukostenzuschusses kostenbasiert erfolgt.
Die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Offenlegung der Berechnungsgrundlage trägt dabei auch dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz Rechnung, dass derjenige, der eine Leistung fordert, die den Anspruch begründenden Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat.
Ausdrücklich in Bezug auf die Offenlegung der Berechnungsgrundlagen von Baukostenzuschüssen hat etwa das OLG Köln bereits im Jahr 1978 zur damaligen - inhaltlich insoweit durchaus vergleichbaren - Vorgängervorschrift Ziffer III 5 AVB entschieden, dass trotz des Grundsatzes, der anlässlich einer Baukostenzuschussabrechnung zu betreibende Verwaltungsaufwand sei zu minimieren, vom Energieversorger durchaus eine Aufgliederung nach Bauabschnitten, Material-, Lohn- sowie Fremdkosten verlangt werden könne.
Eine Aufschlüsselung könnte, falls der Netzbetreiber einen kostenbasierten Baukostenzuschuss erhebt, zukünftig dergestalt erfolgen, dass ausgehend von der Orientierung am Versorgungsgebiet eine Darstellung desselben als Netzschemaplan, ferner eine Auflistung der Materialkosten, Eigenleistungen, Fremdleistungen sowie ggf. eines Gemeinkostenaufschlages und schließlich die Nennung der Gesamtinvestitionssumme erfolgt. Hierauf basierend sollte benannt werden, welcher Anteil dieser Kosten unter Berücksichtigung der 50 %-Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 NAV durch Baukostenzuschüsse insgesamt erlöst wird und wie sich die einzelnen Beiträge der Anschlussnehmer in Abhängigkeit von der Anschlussleistung bemessen.
Eine solche Darlegung ist dem Netzbetreiber auf wenigen Seiten möglich, basiert auf Daten und Auswertungen, die ihm ohnehin bereits vorliegen müssen und ist in der Regel für alle Anschlussnehmer im betreffenden Versorgungsgebiet identisch.
Zudem hat eine solche Offenlegung nur auf Verlangen des jeweiligen Anschlussnehmers zu erfolgen, sodass der entstehende Aufwand für den Netzbetreiber durchaus zumutbar ist. Dem stehen auch nicht von der Antragsgegnerin zitierten Regelungen des § 9 Abs. 5 bzw. § 30 Nr. 1 AVBEltV entgegen. Denn erstgenannte Vorschrift schrieb lediglich vor, dass Baukostenzuschüsse und Hausanschlusskosten getrennt auszuweisen waren, besagt aber nichts über den Nachweis der Angemessenheit des Baukostenzuschusses. Die Regelung des § 30 Nr.1 AVBEltV oder des heutigen § 23 Abs. 1 Satz 2 NAV schließlich sind stets vor dem Hintergrund des § 17 EnWG auszulegen und greifen überhaupt nur dann ein, wenn die Angemessenheit einer wirtschaftlichen Bedingung gegenüber dem Anschlussnehmer dargelegt ist. Dies war vorliegend gerade nicht der Fall.
b) In der Ankündigung, die Errichtung des Netzanschlusses erfolge nur dann, wenn die Antragstellerin ihren mit Zahlung des anteiligen Baukostenzuschusses erklärten Vorbehalt zurückziehe, lag ebenfalls ein Verstoß gegen die Angemessenheit der Netzanschlussbedingung gem. § 17 Abs. 1, 18 EnWG.
Im Bereich wirtschaftlicher Netzanschlussbedingungen ist für die Beurteilung der Angemessenheit nicht nur die Höhe eines vom Petenten zu zahlenden Entgelts maßgebend, sondern auch andere Rahmenumstände wie etwa die Zahlungskonditionen können hierbei von Bedeutung sein. Eine Frage der Angemessenheit ist es insbesondere auch, ob der Netzbetreiber seine Verhandlungsmacht, die sich beispielsweise daraus ergibt, dass er aufgrund des bestehenden natürlichen und tatsächlichen Monopols als einzig in Frage kommender Marktpartner in der Lage ist, dem Petenten den gewünschten Netzanschluss zu verschaffen, im Zusammenhang mit einer Netzanschlussbedingung missbräuchlich ausnutzt. Dies war vorliegend zu bejahen.
Aufgrund der bestehenden Fertigstellungsplanung war die Antragstellerin zeitlich in Bedrängnis und hatte deshalb nicht mehr die Möglichkeit, die zwischen den Beteiligten streitige Frage der Verpflichtung zur Offenlegung der Baukostenzuschusskalkulation etwa vorab im Rahmen eines regulierungsbehördlichen Missbrauchsverfahrens klären zu lassen, bevor sie den Netzanschluss in Auftrag gab und die dann fällige Anzahlung vornahm. Sie leistete diese daher unter dem Vorbehalt der späteren Klärung dieser Rechtsfrage. Mit der Bedingung, eine Herstellung des Netzanschlusses erfolge erst dann, wenn die Antragstellerin diesen Vorbehalt zurücknehme, hat die Antragsgegnerin demgegenüber ihre Position als Netzbetreiberin missbräuchlich ausgenutzt, um eine solche Zahlung unter Vorbehalt zu verhindern. Denn die Antragstellerin war faktisch gezwungen, den begehrten Netzanschluss durch die Antragsgegnerin herstellen zu lassen, da diese die Betreiberin des Netzes der allgemeinen Versorgung ist und keine alternativen Anbieter zur Verfügung standen, bei denen sich die Antragstellerin den Netzanschluss ansonsten hätte verschaffen können. Weiterhin stellt sich das Verhalten der Antragsgegnerin deshalb als missbräuchlich dar, weil es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, die unter Vorbehalt geleistete Zahlung anzunehmen, den Anschluss wie beantragt herzustellen und sich sodann der Klärung der streitigen Rechtsfrage auszusetzen.
Die Motivationslage der Antragsgegnerin, eine Zahlung ohne Vorbehalt zu erlangen, war insofern nicht schützenswert. Da wie ausgeführt die Angemessenheit des Baukostenzuschusses in Bezug auf die Berechnungsgrundlage und die Höhe vorliegend nicht nachgewiesen war, wäre die Antragsgegnerin nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 EnWG ohnehin nicht berechtigt gewesen, den Baukostenzuschuss in der begehrten Weise zu fordern. Bezüglich ihrer Forderung hatte sie sich daher ohnehin einer rechtlichen Beurteilung zu unterwerfen, was sie durch das Verlangen nach einer Zahlung ohne Vorbehalt unberechtigterweise zu umgehen suchte.