Fernwärme - Ihr gutes Recht
Fernwärmesonderkündigung durch Versorger möglich?
Von Leonora Holling
(2. Mai 2023) Verträge im Fernwärmebereich wurden häufig bereits vor Jahrzehnten geschlossen. Auch wenn der aktuelle § 32 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Fernwärmeversorgung eine maximale Laufzeit von zehn Jahren mit einer Verlängerungsoption von weiteren fünf Jahren vorsieht, gilt dies doch nicht automatisch für Altverträge. Gerade in lang laufenden Verträgen sind häufig Preisänderungsklauseln enthalten, die einer Überprüfung durch die Gerichte nicht standhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der für die Wärmeerzeugung tatsächlich genutzte Energieträger in der Klausel gar nicht abgebildet ist. Die Klausel kann auch unzulässig intransparent sein, wenn zwar der zutreffende Energieträger genannt ist, die Überprüfung einer konkreten Preisanhebung aber aufgrund objektiv nachprüfbarer Umstände ausscheidet. Wenn beispielsweise statt dem tatsächlich zum Einsatz kommenden Hausmüll Erdgas als Energieträger in der Formel eingestellt ist und die Klausel eine Preisanhebung aufgrund des gemittelten Wertes aller Rechnungen des Erdgaslieferanten über den Jahreszeitraum vorsieht, wäre die Richtigkeit der Preisanhebung für den Kunden objektiv nicht nachvollziehbar, da er kein Einsichtsrecht in die Jahresabrechnungen besitzt. Als Folge hiervon wären Preisanhebungen während eines laufenden Vertrags nicht möglich.
Leonora Holling | Rechtsanwältin mit Kanzlei in Düsseldorf, erste Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher
Diese Unwirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel hat jetzt Fernwärmeunternehmen dazu veranlasst, Sonderkündigungen der bestehenden Fernwärmeverträge auszusprechen. Gleichzeitig wird im Wege der Änderungskündigung dem Kunden ein neuer Vertrag mit wirksamer Klausel angeboten. Sollte dieser nicht unterzeichnet werden, wird mit Einstellung der Versorgung gedroht. Auch bei Annahme eines berechtigten Interesses des Fernwärmeversorgungsunternehmens an einer Weitergabe von steigenden Beschaffungskosten dürfte ein Sonderkündigungsrecht des Versorgers abzulehnen sein. Insoweit hat sich dieses nämlich an den bestehenden Vertrag zu halten und trägt bereits ab Vertragsschluss das Beschaffungskostenrisiko. Die Vorschrift des § 314 BGB, den Versorger gern als Begründung eines Sonderkündigungsrechts ins Feld führen, dürfte nicht einschlägig sein. Die Versorger legen nämlich gerade nicht offen, dass die fehlende Möglichkeit der Weitergabe von Beschaffungskosten sie in existentielle Schwierigkeiten bringt. Es werden nur allgemeine Floskeln als Begründung geliefert. Daher ist zu vermuten, dass diese Vorgehensweise der Optimierung der eigenen Marge dient. Mittelfristig ist zu erwarten, dass die Gerichte diese neue Problematik im Fernwärmebereich bewerten und entscheiden müssen.
Segment-ID: 18771Eon-Fernwärmekunden unter Druck
Von Leonora Holling
(28. April 2023) Bereits vor einigen Jahren hat der Energieriese Eon fast unbeachtet eine ganze Reihe von kleinen und mittleren Fernwärmeunternehmen der RWE übernommen. Die Besonderheit dieser vor allem im Gebiet Monheim am Rhein ansässigen Fernwärmeerzeuger ist ihr Kundenstamm aus Mietern von Mehrfamilienhäusern, die auch Vertragspartner sind (und nicht die Hauseigentümer). In den Mietverträgen wurde dies ausdrücklich so vorgeschrieben. Im Dezember 2022 hat Eon nun massiv die Preise für Wärme erhöht. Und dies, obwohl die in den Verträgen vereinbarten Preisänderungsklauseln teilweise bezüglich ihrer Wirksamkeit nach den Vorschriften der §§ 305, 307 des BGB Bedenken begegnen.
Der Bund der Energieverbraucher hat eine ganze Reihe der Verträge daraufhin geprüft und die Preiserhöhungen teilweise als unzulässig eingestuft. Diesbezügliche Beschwerden von Verbrauchern blieben durch Eon bisher unbeantwortet. Betroffenen Verbrauchern ist daher zu raten, die Rechtsberatung des Vereins zu kontaktieren, um den eigenen Vertrag auf Zulässigkeit der Preisänderungsklausel prüfen zu lassen und Handlungsoptionen zu beleuchten. Möglicherweise kommt eine Kürzung der geforderten Preise und der darauf beruhenden Abschläge in Betracht.
Segment-ID: 18770Städte und Gemeinden, die ihren Grund und Boden für den Ausbau von Fernwärmenetzen zur Verfügung stellen, erhoffen sich nicht selten im Gegenzug eine günstige Wärmeversorgung für kommunale Liegenschaften. weiter lesen
Seit fünf Jahren streiten Fernwärmekunden in Hamburg mit ihrem Versorger HanseWerk Natur über die Gültigkeit drastischer Preiserhöhungen sowie eine einseitige Anpassung der Preisgleitklauseln durch den Lieferanten. weiter lesen
Dagegen, dass Fernwärmeversorger gestützt auf unzulässige Preisgleitklauseln versuchen, ihre Preise zu erhöhen, haben sich Verbraucher schon häufig erfolgreich gewehrt. Daraufhin versuchten einige Versorger, die vertraglich vereinbarten Preisänderungsklauseln einseitig zu ändern. Diesem Vorgehen haben Gerichte jetzt eine Absage erteilt. weiter lesen
Der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen ist politisch und gesellschaftlich gewünscht. Statt vieler kleiner Heizungen sollen größere Anlagen aus erneuerbaren Energien und mittels hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung umweltfreundliche und kostengünstige Heizwärme erzeugen. In der Praxis wird die innovative Energieversorgung aber häufig zu einer teuren Verbraucherfalle. weiter lesen
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 19.07.2017 (Az. VIII ZR 268/17) nach längerer Zeit wieder einmal mit der Gestaltung von Fernwärmepreisen zu beschäftigen. weiter lesen
Hauptgutachten 2012/2013 der Monopolkommission weiter lesen
Tätigkeitsbericht über den Stand der Untersuchung weiter lesen
Die Preiserhöhungsklausel verstößt gegen das Transparenzgebot und war daher sowohl nach § 307 BGB als auch nach § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV unwirksam. weiter lesen
Fernwärmekunden in Lübeck schulden den Stadtwerken kein Geld, wenn sie keinen Liefervertrag geschlossen haben. Das hat das Oberlandesgericht Schleswig in letzter Instanz entschieden. weiter lesen
(24. Oktober 2005) Die Stadtwerke Leipzig stellten letzte Woche bei 4000 Wohnungen im Plattenbau-Stadtteil Grünau die Fernwärmelieferung ein. weiter lesen
Weit überhöhte Fernwärmepreise muss ein Mieter nicht hinnehmen. Denn der Vermieter ist verpflichtet, den vermieteten Grundbesitz kostengünstig zu bewirtschaften. weiter lesen
Landgericht Potsdam kürzt überhöhte Fernwärmepreise in Beelitz weiter lesen
Kommunen werden dadurch unterstützt, eine umweltfreundliche Energieversorgung in ihrem Gemeindegebiet aufzubauen. weiter lesen