Koalitionsbeschluss: Energiekostenentlastungspaket
Von Louis-F. Stahl
(13. Mai 2022) Die Bundesregierung hat am 23. März 2022 ein „Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten“ bekanntgegeben. Das rund 15 Milliarden Euro schwere Entlastungspaket soll die sozialen Auswirkungen der Kostensteigerungen bei Strom, Lebensmitteln, Heizung und Mobilität abmildern. Zu den angekündigten Maßnahmen zählen eine Anhebung des Grundfreibetrages, des Arbeitnehmerpauschbetrages, der Pendlerpauschale, eine Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe sowie die Zahlung einer Energiepreispauschale, eines Kindergeldzuschusses und Einmalzahlungen für Sozialleistungsempfänger.
Die von ArbeitnehmerInnen in der Steuererklärung beanspruchbare Werbungskostenpauschale wird von 1.000 auf 1.200 Euro und der für alle Bürger steuerfreie Grundfreibetrag von 9.984 Euro auf 10.347 Euro angehoben. Außerdem wird die Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer von 35 auf 38 Cent pro Kilometer erhöht. Alle drei Änderungen gelten mit Wirkung für das bereits laufende Steuerjahr 2022 und damit rückwirkend ab dem 1. Januar. Darüber hinaus soll allen einkommensteuerpflichtig Erwerbstätigen ein steuerpflichtiger Lohnzuschuss in Höhe von 300 Euro zukommen.
Selbstständige erhalten stattdessen einen Rabatt auf ihre Steuervorauszahlungen in gleicher Höhe. Desweiteren sollen Kindergeldempfangende einen Familienzuschuss in Höhe von 100 Euro, sowie Sozialleistungsempfangende eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro erhalten. Zusätzlich wird ein Heizkostenzuschuss gewährt (siehe „Einmaliger Heizkostenzuschuss“). Die Energiesteuer auf Kraftstoffe wird von Juni bis August um 30 Cent je Liter Benzin sowie 14 Cent je Liter Diesel gesenkt. Für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sollen drei Monatstickets zum Preis von 9 Euro pro Monat angeboten werden.
Die Entlastungen im Bereich des Steuerrechts und der Benzinpreise wirken sich besonders positiv für Gutverdienende und die Besitzer von Fahrzeugen mit einem hohen Verbrauch fossiler Kraftstoffe aus. Geringverdienende, Sozialleistungsempfangende, Hausmänner und -frauen, Selbstständige sowie RentnerInnen – also diejenigen, die eigentlich Unterstützung benötigen – profitieren durch die angekündigten Maßnahmen nur in deutlich kleinerem Umfang. Bei den Bundesländern, die zahlreiche Maßnahmen anteilig finanzieren sollen, stießen die offenbar unabgesprochenen Ankündigungen aus Berlin teilweise auf Unverständnis. Einige Länder bestehen darauf, dass der Bund die Kosten seiner Versprechungen tragen solle. Zahlreiche Nahverkehrsverbünde kritisierten wiederum die Ankündigung des 9-Euro-ÖPNV-Ticket unter Verweis darauf, dass dieses aufwendig in der Umsetzung sei und regten an, den Nahverkehr unbürokratisch für drei Monate kostenfrei nutzbar zu machen. Die Senkung der Mineralölsteuer und die Erhöhung der Pendlerpauschale sorgte ebenfalls für eine breite Kritik – auch von Wirtschaftsexperten. „Die zeitweise Absenkung der Energiesteuer [liefere] Anreize für zusätzlichen Energieverbrauch“, konstatierte Jens Boysen-Hogrefe, Steuerexperte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Die Maßnahmen kämen insbesondere „Hochverdienern mit großen SUV-Fahrzeugen“ zugute, kommentierte wiederum ausgerechnet ein Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gegenüber der Tagesschau.