News zum Thema Fernwärme

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Entflechtung für erneuerbare Fernwärme

Mit der Öffnung des Strom- und Gasmarktes für neue Anbieter sowie der Schaffung eines Einspeisevorrangs für Erneuerbare hat der Gesetzgeber vor gut 20 Jahren die Liberalisierung des Energiemarktes eingeläutet und gleichzeitig die Weichen für die Energiewende gestellt – könnte man meinen. Leider wurde in diesem Prozess der Wärmemarkt vollkommen vergessen.
Von Leonora Holling und Louis-F. Stahl

(14. Juni 2021) Rückblickend waren die 1990er-Jahre eine wilde Zeit: Das Ende des Kalten Krieges, die Wiedervereinigung, der Durchbruch des Internets sowie der Mobiltelefonie und die Privatisierung von Staatsbetrieben bei gleichzeitiger Entflechtung von monopolistischen Strukturen im Bereich leitungsgebundener Netzwirtschaften wie Energie, Eisenbahn und Telekommunikation aufgrund europarechtlicher Vorgaben.

Liberalisierter Energiesektor?

Blicken wir heute auf den Energiesektor, scheint dieser auch als „unbundling“ bezeichneter Prozess gelungen zu sein. Energieverbraucher können ihren Energieversorger und sogar ihren Messstellenbetreiber, das ist der Betreiber des Strom- oder Gaszählers, frei wählen. Während sich die Preise für die Energie selbst am Markt bilden, werden die Preise für den Netzbetrieb durch Regulierungsbehörden kontrolliert. Hintergrund des Entflechtungsgedankens war, dass durch die Trennung der Wettbewerb zugunsten der Energieverbraucher gestärkt werden sollte. Denn lokale Versorger, die zugleich auch der örtliche Netzbetreiber sind, sehen keine Veranlassung, anderen Versorgern den Zugang zu ihren Netzen zu gewähren.

Fernwärme(markt)

Die gleiche Situation wie vor 20 Jahren in den Sektoren Strom und Gas findet man jedoch bis heute völlig unangetastet im Wärmesektor. Verbraucher sehen sich einem Fernwärmeerzeuger gegenüber, welcher zugleich monopolistisch das dazugehörige Wärmenetz betreibt, als einziger Versorger auftritt und zugleich auch die Hoheit über die Messung ausübt. Eine Konkurrenz durch Einspeisung eines freien Erzeugers in das Wärmenetz brauchen die Fernwärmemonopolisten kaum befürchten. Ein „Einspeisegesetz“ wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt es im Bereich der Fernwärme nicht. Dies führt aber nicht nur dazu, dass es keine freien Einspeiser gibt, auch die Verbraucher haben keine Möglichkeit einen Anbieterwechsel vorzunehmen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass es einen freien „Markt“ im Bereich des Fernwärmesektors faktisch nicht gibt.

2531 PV-Anlage / Foto: fovito / stock.adobe.com

Regelungslücke

Der fehlende Wettbewerb ist nicht nur zum Nachteil der Energieverbraucher. Insbesondere behindert die monopolistische Struktur des Wärmemarktes auch die Einbindung von erneuerbaren Energien. Zumeist betreibt das örtliche Fernwärmeunternehmen ein mit fossilen Brennstoffen oder Abfall gespeistes Kraftwerk, welches Strom und Wärme erzeugt. Die Ableitung der Wärme dient der Kühlung des Kraftwerks und wird in Form des Heizwassers dem Endverbraucher als Fernwärme zur Verfügung gestellt. Da das Heizwasser nach der Entnahme der Wärme durch den Verbraucher kühler ist, kann es sodann wieder dem Kreislauf des Kraftwerks zugeführt werden. Der Energieverbraucher übernimmt nicht selten lediglich die technische Funktion eines Kühlturms, bezahlt aber mangels freier Preisbildung für die Abnahme der Überschusswärme einen fürstlichen Preis.

Monopole behindern Fortschritt

Ein Anreiz, dass auch im Fernwärmesektor die Erzeugung der Wärme ohne fossile Brennstoffe erfolgt, fehlt derzeit. Die Bestandsunternehmen haben es sich in ihren monopolistischen Strukturen bequem gemacht. Ohne Wettbewerb sinken weder die Preise, noch steigert sich die Qualität. Die betrifft direkt spürbar den Preis für die Energie aber auch deren Qualität, messbar in Form des Anteils erneuerbarer Wärme in den Netzen. Ein Netzzugangsanspruch für die Erzeuger von grüner Wärme über das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) oder nach der Verordnung der Allgemeinen Bedingungen für Fernwärme (AVBFernwärmeV) fehlt. Eine vor beinahe zehn Jahren gestartete „Sektoruntersuchung Fernwärme“ des Bundeskartellamtes führte erstmals auch zu einer politischen Diskussion über die Notwendigkeit der Entflechtung von Wärmeerzeugung und Wärmenetzbetrieb. Diese Diskussion hat sich leider bis heute nicht in konkreten rechtlichen Regelungen zur Liberalisierung des Wärmemarktes niedergeschlagen.

2531 PV-Anlage / Foto: embeki / stock.adobe.com

Technische Machbarkeit

Ähnlich wie vor der Einführung des ersten Stromeinspeisegesetzes und später des EEG wurden durch die etablierten Monopolisten technische Sachzwänge angeführt: Eine wilde Einspeisung würde die Sicherheit des Netzbetriebes und damit der Wärmeversorgung gefährden. Diese Behauptung ist leicht aufgestellt, wenn die Experten für den Netzbetrieb gleichzeitig von dem Unternehmen bezahlt werden, dass gut daran verdient, der einzige Einspeiser in einem Netz zu sein. Später durchgeführte wissenschaftliche Untersuchungen wie die Simulationsstudie „DELFIN – Decentralized Feed-In“ kamen zu dem Ergebnis, dass durchaus – wie damals im Stromnetz – einige technische Herausforderungen bei einer dezentralen Einspeisung bestehen, diese jedoch durch den Netzbetreiber händelbar sind. Interessant ist, dass diese Studie zu dem genannten Ergebnis kam, obwohl sie vom AGFW, dem Verband der Fernwärmewirtschaft, mit durchgeführt wurde. Ein praktischer Versuch der Einspeisung aus Solarthermieanlagen in das Düsseldorfer Fernwärmenetz im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Modellprojektes „SWD.SOL“ kam sogar zu dem Ergebnis, dass die Einbindung der dezentralen Anlagen praktisch machbar ist und welche technischen Lösungen dafür geeignet sind.

Eigenerzeugung

Gleichwohl der Gesetzgeber es bisher versäumt hat, den Wärmenetzmarkt zu liberalisieren, bestehen rechtlich für Energieverbraucher und Anlagenbetreiber Möglichkeiten, sich vom Monopol des örtlichen Wärmeversorgers zu emanzipieren. Wichtig für die Energieverbraucher und Hausbesitzer ist an dieser Stelle insbesondere § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV, der besagt, dass Hausbesitzer neben dem Fernwärmebezug einen Anspruch darauf haben, regenerative Energiequellen nutzen zu können. Dazu zählen neben Solarthermieanlagen zur Sonnenwärmenutzung auch Holzheizungen wie Kaminöfen oder Pelletkessel. Sofern ein bestehender Vertrag mit dem Fernwärmeversorger noch keine Ausnahme für regenerative Wärmequellen vorsieht, haben Fernwärmekunden das Recht, eine entsprechende Vertragsanpassung zu verlangen. Mitglieder im Bund der Energieverbraucher können bei Fragen zu ihren rechtlichen Möglichkeiten die Beratungsangebote durch Anwältinnen des Vereins nutzen.

Wärmenetzzugang

Darüber hinaus kann nach kartellrechtlichen Grundsätzen auch für Versorger und Erzeuger ein Anspruch auf Zugang in Form von Einspeisung oder Durchleitung gegenüber den Betreibern bestehender Wärmenetze begründet werden. § 19 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verbietet es Unternehmen in marktbeherrschenden Stellungen, anderen Unternehmen den Zugang zu einem Netz oder einer Infrastruktur gegen ein angemessenes Entgelt zu gewähren. Kommt der Wärmenetzbetreiber seiner Pflicht, einen Netzzugang zu gewähren, nicht nach, kann die zuständige Kartellbehörde den Netzbetreiber auf Grundlage von § 32 Abs. 1 GWB verpflichten und das beeinträchtigte Unternehmen seinen Anspruch auf Grundlage von § 33 GWB zivilrechtlich geltend machen. Der Aufwand diesen Weg zu beschreiten und in jedem Einzelfall einen Netzzugang zu verhandeln ist aufwendig und erschwert damit neuen Unternehmen den Zugang zum Wettbewerb. Der Gesetzgeber wäre gut beraten, auch für Wärmenetze analog den sich aus dem EnWG, KWKG und EEG ergebenden Regelungen für Strom- und Gasnetze auch für Wärmenetze eine echte Liberalisierung auf den Weg zu bringen.

Vorgaben aus Brüssel

Druck auf den bisher untätigen deutschen Gesetzgeber baut sich inzwischen auch durch die EU auf: Artikel 24 der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien fordert einen merklichen Ausbau grüner Wärme. Wie die einzelnen Mitgliedsstaaten dieses Ziel umsetzen, bleibt ihnen jedoch weitestgehend freigestellt. Der nationale Energie- und Klimaplan zeigt, dass die Bundesregierung anstelle des von der EU vorgeschlagenen Instrumentes einer „Verpflichtung der Fernwärmeunternehmen, die Anbieter von Energie aus erneuerbaren Energiequellen und von Abwärme und -kälte anzuschließen“ lediglich plant, „geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, dass der Anteil erneuerbarer Wärme um 1 Prozent pro Jahr gesteigert werden soll. Voraussichtlich durch „Finanzierungsmaßnahmen“ für entsprechende Projekte der bestehenden Fernwärmeunternehmen.

Wenige Schaufenster

Grüne Wärme könnte die bisherige fossile Wärmeerzeugung kurzfristig ergänzen und langfristig ablösen. Dann könnte die Fernwärme ihrer zugedachten Aufgabe als Motor der Erneuerbaren endlich eine angemessene Stellung einnehmen. Wenige Modellprojekte wie das bereits erwähnte in Düsseldorf zeigen, dass dies gelingen kann. Ein weiteres positives Beispiel findet sich in Berlin, wo der Wärmenetzbetreiber BTB in Adlershof im Rahmen eines Net-Metering-Vertrages die Einbindung einer solarthermischen Großanlage eines Wohnquartieres in sein Netz zugelassen hat.

Politisches Versagen

Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen im politischen Berlin, bleibt jedoch leider zu konstatieren, dass die seit Beginn der Liberalisierung des Energiesektors gepflegte Untätigkeit im Bereich der Wärmenetze konsequent fortgesetzt wird – zum Nachteil der Energieverbraucher, zum Nachteil der Energiewende und damit des Klimaschutzes.

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Dauerbrenner Fernwärmepreise

Bezahle ich zu viel für meine Fernwärme? Wie hoch ist überhaupt mein Fernwärmepreis? Diese Fragen stellen sich viele Fernwärmekunden. Einfache Antworten gibt es leider nicht.
Von Aribert Peters

(16. Oktober 2017)

Preise des eigenen Versorgers

Den Preis je Kilowattstunde, den Arbeitspreis für die verbrauchte Fernwärme, kann jeder Verbraucher leicht errechnen, indem er die Bruttogesamtkosten durch die bezogenen Kilowattstunden teilt. Aber ist dieser Preis hoch oder niedrig?

Der  Nachbar zahlt beim gleichen Versorger für die gleiche Energie möglicherweise einen anderen Preis. Die Versorger dürfen die Preise willkürlich festsetzen: Für Altkunden anders als für Neukunden, für Gebiet X anders als für Gebiet Y und für Mitglieder des örtlichen Fußballvereins nochmal wieder anders. Deshalb hilft auch ein Preisblatt nicht wirklich weiter, weil sich hieraus keine Ansprüche ableiten lassen.

Leider gibt es viele Versorger, die sich zudem weigern, ihre Fernwärmepreise im Internet zu veröffentlichen. Und es ist umstritten, ob es eine Veröffentlichungspflicht für alle Fernwärmepreise gibt. Eine Veröffentlichungspflicht im Internet gibt es zumindest laut einem Urteil des OLG Hamm nicht (Az. I-4 U 150/16). Deshalb hat Schleswig-Holstein eine Veröffentlichungspflicht gesetzlich verankert (siehe Infobox).

Veröffentlichungspflicht in Schleswig-Holstein

Am 30. März dieses Jahres trat in Schleswig-Holstein das „Gesetz zur Energiewende und zum Klimaschutz“ in Kraft. Darin wird als Ziel eine 40-prozentige Reduktion der Treibgasemissionen bis zum Jahr 2020, eine Verminderung um 55 Prozent bis zum Jahr 2040 und um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 festgelegt. Als Bezugspunkt gelten die Gesamtemissionen des Jahres 1990. Auch werden die nötigen Grundlagen für die Aufstellung kommunaler Wärme- und Kältepläne geschaffen: Energielieferanten und Schornsteinfeger können verpflichtet werden, relevante Daten in anonymisierter Form zu übermitteln.

Weiterhin sind in Schleswig-Holstein die Fernwärmeversorger seit dem 1. Juli 2017 verpflichtet, ihre Versorgungsbedingungen, die Preisregelungen und auch die Preislisten im Internet zu veröffentlichen. In der bundesweit gültigen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) ist in § 1 Absatz 4 lediglich festgelegt, dass die Veröffentlichung in „geeigneter Weise“ zu erfolgen hat.

Dieses neue weitreichendere Veröffentlichungsgebot im nördlichsten Bundesland kann als Erfolg des Einsatzes der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein und der Regionalgruppe Lübeck vom Bund der Energieverbraucher für mehr Transparenz im Fernwärmemarkt gewertet werden. bdev.de/luebeck

Preise anderer Fernwärmeversorger

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht einen Index bundesweiter Fernwärmepreise mit einer zeitlichen Verzögerung von drei bis sechs Monaten. Auf der Webseite der Behörde kann die derzeit aktuelle Excel-Tabelle „Daten zur Energiepreisentwicklung – Lange Reihen“ abgerufen werden. Die relevanten Fernwärmeindizes finden sich ganz hinten auf Tabellenblatt „5.10 Fernwärme“ unter der Zeile „Index der Verbraucherpreise“. bdev.de/stabufw

Bundesweite Fernwärmepreise für Mehrfamilienhäuser werden auch vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht. bdev.de/bmwidaten

Der Verband der Fernwärmeversorger (AGFW) veröffentlicht zudem jährlich die Mittelwerte der Fernwärmepreise für bestimmte Mustergebäude. Die Preise basieren auf einer Abfrage des Verbandes bei seinen Mitgliedsunternehmen und ist nach Bundesländern gegliedert. bdev.de/agfw

Preisvergleich und Vollkostenpreise

Der Bund der Energieverbraucher e.V. vergleicht regelmäßig die Entwicklung der Fernwärmepreise mit denen aller anderen Heizenergieträger. Datengrundlage sind die oben genannten amtlichen Statistiken. bdev.de/daten

Das Ergebnis: Fernwärmepreise liegen je Kilowattstunde betrachtet über denen aller anderen Energieträger (siehe Grafik). Jedoch gibt es bei der Fernwärme keine Umwandlungsverluste, keine Wartungskosten und keine Investitionskosten in einen Heizkessel. Der Verbrauch je Quadratmeter Wohnfläche ist zudem geringer als bei anderen Heizsystemen. Insgesamt liegt der Preis je Quadratmeter Wohnfläche deshalb, trotz höherer Kosten pro Kilowattstunde, oft etwa gleich hoch wie bei anderen Heizsystemen.

2531 Diagramm Brennstoffpreisentwicklung in Deutschland 2006-2016

Wer für seinen Neubau oder sein saniertes Gebäude beim Vergleich der verschiedenen Heizsysteme auch die Fernwärme einbeziehen möchte, sollte einen Vollkostenvergleich anstellen. Ein solcher ist für unterschiedliche Gebäude auf den Seiten der Uni Stuttgart zu finden. Da die Bedingungen der Fernwärmeversorger sehr unterschiedlich sind, können die dort aufgeführten Beispiele nur zur Orientierung dienen. bdev.de/iervollk

In der Statistik der großen Heizkostenabrechnungsfirma Techem werden die tatsächlich abgerechneten Kosten von vielen Hunderttausend Haushalten statistisch ausgewertet. Hier liegen die reinen Energiekosten für fernwärmeversorgte Gebäude im Jahr 2015 mit 9,8 Cent/kWh um 58 Prozent über den Energiekosten für Gas in Höhe von 6,2 Cent/kWh. Die Gesamtkosten liegen allerdings mit 9,40 Euro/(m2*a) für fernwärmeversorgte Gebäude „nur“ 27 Prozent über den Kosten für gasversorgte Gebäude mit 7,36 Euro/(m2*a).

Musterland Dänemark

In allen Studien zur Verbesserung des Klimaschutzes wird vorgeschlagen, den Anteil der Fernwärme bei der Heizenergieversorgung von Gebäuden zu erhöhen.

Im Musterland Dänemark liegt der Anteil von fernwärmeversorgten Gebäuden bereits viel höher als bei uns. Auch in Sachen Kundenfreundlichkeit und Transparenz sind uns die Dänen weit voraus. So werden die Preise aller Fernwärmeversorger im Internet veröffentlicht. Dort findet man nicht nur die Preise für verschiedene Abnahmefälle, sondern auch deren Veränderung. Dabei fällt auf: Die Fernwärmepreise sind auch in Dänemark von Netz zu Netz sehr unterschiedlich. bdev.de/dkfw

Fernwärmestreit in Hamburg

In Hamburg hat die Hansewerk Natur GmbH die Preisänderungsklauseln aller Altkunden einseitig geändert. Dagegen hat die Verbraucherzentrale Hamburg im Jahr 2015 Klage eingereicht. In der mündlichen Verhandlung im Mai 2017 hat der Richter zu erkennen gegeben, dass er die Auffassung der Verbraucherzentrale teilt. Daraufhin wurde er vom Versorger wegen Befangenheit abgelehnt, da der Richter selbst Fernwärmekunde ist. Das Verfahren wird sich wohl noch einige Zeit hinziehen.

Fernwärmepreise stark gestiegen

Die Fernwärmepreise sind von 2006 bis 2016 im gesamtdeutschen Mittel um circa 22,5 Prozent gestiegen, während die Gaspreise für Haushaltskunden im gleichen Zeitraum nur um gut acht Prozent gestiegen sind. Die Heizölpreise sind sogar kräftig gesunken um circa 17 Prozent und die Flüssiggaspreise um fast 21 Prozent. Auch die Kohlepreise sind um circa 4 Prozent zurückgegangen. In der auf dieser Seite veröffentlichten Grafik kann man den Preisverlauf der vergangenen zehn Jahre gut nachvollziehen.

Bei Gas und Strom hat sich vor allem ab 2006 nach und nach ein gewisser Wettbewerb eingestellt, so dass die Zeit der großen Margen dort der Vergangenheit angehört. Der Wettbewerbsdruck sorgt dafür, dass sich die Preise den Grenzkosten der Anbieter nähern.

Anders bei der Fernwärme: Dort gibt es keinen Wettbewerb von Anbietern untereinander. Fernwärmeanbieter haben eine marktbeherrschende Stellung in ihrem jeweiligen Versorgungsgebiet. Der höhere Preisanstieg von Fernwärme im Vergleich zu den anderen Energieträgern lässt vermuten, dass die Fernwärmeversorger überhöhte Preise in Rechnung stellen.

Allerdings müsste für eine genauere Betrachtung berücksichtigt werden, wie sich die Einsatzenergien der Fernwärme zeitlich entwickelt haben. Auf den konkreten Einzelfall lassen sich aus dem bundesweiten Pauschalvergleich ohnehin kaum Rückschlüsse ziehen. Beim Verdacht auf überhöhte Preise sollte man die Landeskartellbehörde informieren und um Stellungnahme bitten. Die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts bietet zahlreiche weitere Informationen. bdev.de/fwkartellamt

Kalte Fernwärme kostet weniger

Wenn das warme Wasser der Fernwärme im Haus für gemütliche Wärme gesorgt hat, fließt es zurück zur Heizzentrale, um dort erneut aufgeheizt zu werden. Je kälter das Wasser zurückfließt, umso vorteilhafter ist das! Der Wirkungsgrad der Fernwärmeerzeugung erhöht sich, der Wärmeverlust der Rohrleitungen sinkt. Das führt zu Kosteneinsparungen und, sofern die Einsparungen weitergegeben werden, auch für Verbraucher zu günstigeren Preisen.

Die Verbraucher können die Differenz zwischen Vor- und Rücklauftemperatur durchaus beeinflussen:

Warum erfolgt trotz dieser Win-Win-Win-Situation für Betreiber, Nutzer und Klima keine Aufklärung über diese Zusammenhänge und warum wird nichts unternommen, um dieses Effizienzsteigerungspotenzial zu nutzen?

Anschlusswert zu hoch?

Bei Fernwärmetarifen mit leistungsabhängigen Grundkosten führt eine falsch ermittelte Heizlast häufig zu unnötig hohen Kosten. Viele Versorger sind aber offen für die Anpassung der Leistung an den tatsächlichen Bedarf. Andererseits haben Vermieter und Verwalter oft nur geringes Interesse an einer Optimierung, weil die Heizkosten an die Mieter problemlos „durchgereicht“ werden können.

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