Auf dem Weg zum Prosumer: Strom selbst erzeugen und Energiekosten senken
Für Hausbesitzer kommt Strom nicht mehr einfach nur „aus der Steckdose“, sondern immer häufiger auch aus einer PV-Anlage vom Dach oder aus einer stromerzeugenden Heizung. Das ist nicht nur im Sinne der Energiewende eine positive Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf stetig steigende Strompreise. Doch der Gesetzgeber bremst mit Bürokratie.
Von Louis-F. Stahl
(17. März 2020) Was heute kaum noch jemand weiß: Die solare Energiewende begann im Jahr 1990 nicht mit der Netzeinspeisung von Solarstrom, sondern mit dem Eigenverbrauch aus PV-Anlagen. Im Rahmen des „1.000-Dächer-Programms“ wurden bis zum Jahr 1995 ganze 1.932 PV-Anlagen errichtet, die bereits damals mit einem Erzeugungszähler, einem Einspeisezähler und einem Bezugszähler ausgestattet waren (Details zur Messung siehe ED 1/20 S.31).
Zu Beginn gab es nicht mal eine Einspeisevergütung. Nur die Installation der Anlagen durch die damaligen Pioniere der Energiewende wurde mit 70 Prozent der Baukosten bezuschusst. Erst mit dem Stromeinspeisegesetz im Jahr 1991 wurde auch eine Einspeisevergütung von damals rund 19 Pfennig/kWh eingeführt. Danach geriet der Eigenverbrauch in Vergessenheit: Das 100.000-Dächer-Programm ab 1999 und das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) förderten nur die Stromeinspeisung mit rund 1 DM/kWh über 20 Jahre. Die ersten dieser Anlagen fallen daher zum 31. Dezember 2020 aus der Vergütung für die Volleinspeisung und werden dann voraussichtlich zum Großteil auf einen vorrangigen Eigenverbrauch umgerüstet.

Vorreiter der Energiewende: Zusätzlich zum Wärmeertrag aus einer Solarthermieanlage erntete Vereinsmitglied Thomas Reger mit drei Photovoltaikanlagen (4,3 kWp Baujahr 2000, 2,1 kWp Baujahr 2004 und 1,2 kWp Baujahr 2010) im Jahr 2019 insgesamt 5.968 kWh Sonnenstrom. Das im Heizungskeller stehende BHKW vom Typ „Dachs“ mit 5,3 kW erzeugte letztes Jahr zusätzlich weitere 5.987 kWh Strom. Die Daten aller Anlagen sind in Echtzeit im Internet abrufbar: www.online-bhkw.de
Eigenverbrauch als Standardfall
Gut zehn Jahre nach dem Schwenk hin zur Volleinspeisung hat sich der Gesetzgeber mit dem EEG 2009 wieder an den Eigenverbrauch erinnert und diesen ebenfalls gefördert. Seither ist bei PV-Anlagen wieder der vorrangige Stromeigenverbrauch mit einer nachrangigen Überschusseinspeisung nur der Strommengen, die nicht selbst verbraucht werden können, der Standardfall. Aufgrund stetig sinkender Einspeisevergütungen bei gleichzeitig steigenden Strompreisen ist seit dem Jahr 2012 auch ohne eine Förderung der Eigenverbrauch günstiger als die Einspeisung von Strom. Inzwischen ist die Einspeisevergütung für neue PV-Anlagen bis 10kWp mit Inbetriebnahme ab März 2020 auf nur noch 9,58 Cent/kWh gesunken, während der Strompreis für einen Bezug aus dem Netz auf inzwischen durchschnittlich 31 Cent/kWh gestiegen ist (siehe ED 1/20 S. 4).
Prosumerbewegung
Kein Wunder also, dass immer mehr Hausbesitzer zumindest einen Teil ihres Stromverbrauches aus einer eigenen Erzeugung decken und sich damit ein Stück weit unabhängiger von den steigenden Energiepreisen machen wollen. Diese Emanzipierung der Energieverbraucher zu Eigenversorgern wird neudeutsch unter dem Begriff „Prosumer“ („Producer“ & „Consumer“) zusammengefasst. Eingedeutscht wird teilweise auch der Begriff „Prosument“ („Produzent“ & „Konsument“) verwendet. Diese Entwicklung der Energiewende „von unten“ und die dadurch steigende Unabhängigkeit der einstmals abhängigen Verbraucher stieß seitens der Stromkonzerne sowie Kraftwerksbetreiber freilich auf wenig Begeisterung und sorgt aufgrund deren Lobbyaktivitäten zu sich stark widersprechenden Förderungen und Restriktionen im Bereich der Stromeigenversorgung (siehe Kommentar in ED 1/20 S.24 „Der Staat als Handlanger des fossilen Lobbyismus“).
EEG-Umlage als Bremse für den Eigenverbrauch
Zu den staatlich geschaffenen Bremsen zählt die im August 2014 eingeführte EEG-Umlage auf selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strom. Grundsätzlich unterliegen seitdem alle Eigenverbräuche – auch aus erneuerbaren Anlagen und im eigenen Haus – der EEG-Umlage, die eigentlich dazu dienen soll, genau diese Anlagen zu fördern. Das klingt nicht nur auf den ersten Blick paradox, es handelt sich auch bei näherer Betrachtung um einen waschechten Schildbürgerstreich. Für den „personenidentischen“ Eigenverbrauch aus kleinen Erzeugungsanlagen bis 10 kW Leistung gibt es jedoch wiederum eine Freigrenze von 10.000 kWh, die EEG-umlagefrei selbst verbraucht werden dürfen. Dabei ergeben sich in der Praxis viele Probleme. Bei BHKW ab 1,1 kW Leistung sowie PV-Anlagen ab 7,5 kWp ist es nicht ausgeschlossen, dass diese Anlagen mehr als 10.000 kWh im Jahr erzeugen. Erfolgt dann keine messtechnische Erfassung der genauen Eigenverbrauchsmenge (siehe „Klassische Überschusseinspeisungsmessung“ in ED 1/20 S. 31), kann bis zu 10 Jahre später eine Nachforderung der anteiligen EEG-Umlage ins Haus flattern. Die EEG-Umlage auf den personenidentischen Eigenverbrauch aus einer eigenen Erzeugungsanlage beträgt übrigens anteilig 40 Prozent der regulären EEG-Umlage – die wiederum derzeit 6,756 Cent/kWh beträgt – und wird vom örtlichen Verteilnetzbetreiber eingetrieben.
Leitfaden: Eigenversorgung und EEG-Umlage
Vorsicht bei Stromlieferungen
Befindet sich in einem Einfamilienhaus eine Einliegerwohnung oder handelt es sich um ein Zweifamilienhaus, dann ist eine Lieferung von Strom an die nicht vom Anlagenbetreiber genutzten Räumlichkeiten voll EEG-umlagepflichtig. Anders als beim Eigenverbrauch ist für die EEG-Umlage auf Stromlieferungen nicht der örtliche Verteilnetzbetreiber, sondern mit Tennet, Amprion, TransnetBW oder 50Hertz Transmission der übergeordnete Übertragungsnetzbetreiber zuständig. Eine besondere Herausforderung bei der Abgrenzung der Strommengen des EEG-umlagereduzierten oder EEG-umlagefreien Eigenverbrauchs und der voll umlagepflichtigen „Liefermenge“ ist die in § 62b Absatz 5 Satz 1 EEG gestellte Anforderung der „Zeitgleichheit“. Für eine messtechnisch einwandfreie Erfassung (siehe „Summenmessung mit EEG-Umlagen-Abgrenzung“ in ED 1/20 S. 31) sind fünf kompliziert verschaltete Stromzähler erforderlich.
Vom Prosumer zum Versorger
Neben der EEG-Umlagepflicht wird der Betreiber einer Eigenerzeugungsanlage bei einer Lieferung von Strom an andere Letztverbraucher rechtlich aber auch zu einem vollwertigen „Energieversorger“ im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie des Stromsteuergesetzes (StromStG). Solange der Anlagenbetreiber jedoch lediglich Strom innerhalb seiner Kundenanlage – daher zumeist seines Hauses – an andere Letztverbraucher liefert, befreit ihn § 5 EnWG zumindest von einer Anzeigepflicht der Tätigkeit als Energieversorger sowie den damit verbundenen umfangreichen Nachweispflichten. Gleiches gilt im Hinblick auf die normalerweise notwendige stromsteuerliche Versorgererlaubnis, zumindest, sofern die Eigenerzeugungsanlage nicht größer als 50 kW ist. Dennoch sind die gelieferten Strommengen, obwohl von der Stromsteuer befreit, möglicherweise nach § 4 Absatz 6 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung jährlich dem Hauptzollamt zu melden. Ob dies wirklich notwendig ist, ist im Hinblick auf die komplizierte und mehrdeutige Paragraphenverflechtung noch nicht gerichtlich geklärt, sodass die Meldung derzeit wohl besser erfolgen sollte. Zu beachten hat ein Strom liefernder Anlagenbetreiber weiterhin bestimmte Anforderungen an die Stromlieferverträge mit seinen Letztverbrauchern sowie Transparenzpflichten bei der Erstellung von Stromrechnungen (siehe § 41 EnWG). Nicht selten belassen es Einfamilienhausbesitzer mit Einliegerwohnung oder Zweifamilienhausbesitzer im Hinblick auf diesen Bürokratiewahnsinn daher bei einem Eigenverbrauch für sich selbst, ohne eine Einliegerwohnung oder die zweite Haushälfte mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen.

Mit dieser „einfachen“ Grafik erklärt die Bundesnetzagentur das Mieterstromprinzip des Mieterstromgesetzes. Nicht im Bild zu sehen sind die mit jedem abgebildeten Pfeil verbundenen bürokratischen Anforderungen.
Sonderfall Mehrfamilienhaus
Dasselbe gilt für Mehrfamilienhäuser und insbesondere Eigentümergemeinschaften. Wenn beispielsweise eine Eigentümergemeinschaft eine Erzeugungsanlage betreibt, dann liefert diese an die Wohnungen der einzelnen Eigentümer Strom. Diese Strommengen sind voll EEG-umlagepflichtig. Selbst wenn die Wohnungseigentümer eine Eigenversorgungs-GbR gründen, handelt es sich juristisch um eine umlagepflichtige Lieferung dieser GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) an die jeweiligen Eigentümer als natürliche Person. Die Anforderung der „Personenidentität“ von Anlagenbetreiber und Stromverbraucher für einen EEG-umlagereduzierten oder EEG-umlagefreien Eigenverbrauch ist dann nicht erfüllt. EEG-umlagebegünstigt wäre nur der Allgemeinstromverbrauch beispielsweise für die Heizungspumpen und die Treppenhausbeleuchtung. Insbesondere das sogenannte „GbR-Modell“ wurde jedoch häufig fälschlich für eine Möglichkeit gehalten, die EEG-Umlage zu umgehen und die betroffenen Eigentümergemeinschaften reagieren regelmäßig geschockt, wenn der Brief des zuständigen Übertragungsnetzbetreibers mit einer Nachforderung für bis zu 10 Jahre bei der Hausverwaltung eingeht. Je nach Größe der Eigentümergemeinschaft und der Stromerzeugungsanlage handelt es sich oftmals schnell um gravierende Nachforderungen im fünf- bis sechsstelligen Bereich.

Das erste Interesse von Wohnungseigentümergemeinschaften an einer Eigenstromversorgung ist häufig groß. Der hohe bürokratische Aufwand und die oftmals strittigen Fragen, wer die administrative Arbeit übernimmt, wer die Anlage finanziert, wer die Anlage betreibt und wem welcher Anteil am Gewinn aus der Anlage zustehen soll, lassen diese Projekte leider meist scheitern.
Mieterstromgesetz
Um die Belastung von Stromlieferungen innerhalb von Mehrfamilienhäusern mit der EEG-Umlage zumindest teilweise zu kompensieren und auch Mieter an der Energiewende durch kleine dezentrale Erzeugungsanlagen teilhaben zu lassen, hat der Gesetzgeber im Juli 2017 mit dem „Mieterstromgesetz“ eine neue Förderung in das EEG aufgenommen. Der Bund der Energieverbraucher kritisierte das Gesetz bereits bei seiner Einführung als Bürokratiemonster, da es keine Vereinfachung bei der Umsetzung von Mieterstromprojekten bewirkt, sondern nur noch mehr bürokratische Hürden errichtet und keinen angemessenen Ausgleich zur EEG-Umlage bietet (siehe „Durchbruch per Gesetz?“). Der Mieterstromzuschlag beträgt derzeit je nach Anlagengröße 0,3 bis 1,5 Cent/kWh und wird für Stromlieferungen aus auf Wohngebäuden errichteten PV-Anlagen bis 100 kWp geleistet, sofern diverse bürokratische Anforderungen eingehalten werden, wie beispielsweise eine gesonderte Anmeldung sowie Berichterstattung, gesetzlich vorgegebene Vertragstexte für die Lieferverträge verwendet werden und der Strompreis maximal 90 Prozent vom Grundversorgertarif beträgt. Wie zu erwarten war, hat sich die Mieterstromförderung als Rohrkrepierer erwiesen. Wie dem im September 2019 veröffentlichten „Mieterstrombericht“ des Bundeswirtschaftsministeriums zu entnehmen ist, wurde bisher nur 1 Prozent des mit dem Gesetz vorgesehenen Mieterstromvolumens erreicht.
Krux mit der Strommessung
Auch im Bereich der Strommessung hat der Gesetzgeber den Eigenerzeugern in den letzten Jahren neue Steine in den Weg gelegt. Während früher Eigenerzeuger ihre Stromerzeugung und die Stromeinspeisung mit eigenen Zählern kostengünstig selbst messen durften, wurde diese Regelung mit Einführung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) zum August 2016 ins Gegenteil verkehrt. Seitdem dürfen nur noch professionelle „Messstellenbetreiber“ Stromzähler zu Abrechnungszwecken betreiben. Diese Änderung betrifft sogar alle Bestandsanlagen. Für die Messung mit „modernen Messeinrichtungen“ dürfen die für die Messung zumeist grundzuständigen Verteilnetzbetreiber aufgrund einer gesetzlichen Preisobergrenze bis zu 20 Euro pro Jahr und Zähler berechnen. Bei Anlagen mit einer Erzeugungsleistung ab 7 kW sieht das MsbG zwingend die Installation von „Messsystemen“ vor. Mit dem zum Beginn des Jahres 2020 startenden Smart-Meter-Rollout werden die Kosten für die Messung entsprechend der dafür geltenden Preisobergrenze auf 100 Euro pro Jahr und Messsystem ansteigen. Auch bei Bestandsanlagen sollen bestehende Zähler in den kommenden Jahren zwangsweise durch die teuren Smart-Meter ersetzt werden. Bei der Planung einer neuen Eigenerzeugungsanlage sollten Hausbesitzer daher neben der 10-kWp-Grenze für die EEG-Umlage auch die neue 7-kWp-Grenze für die Smart-Meter-Zwangsinstallation im Blick behalten.
Smart-Meter
Moderne Stromzähler bieten aber auch Vorteile: Sie veranschaulichen die Stromerzeugung, den Strombezug aus dem Netz und die Überschusseinspeisung. Die Erträge einer PV-Anlage oder die Betriebszeiten einer stromerzeugenden Heizung lassen sich damit spielend im Blick behalten und man kann sein eigenes Verhalten der Verfügbarkeit von selbst erzeugtem Strom leicht anpassen. Sieht man beispielsweise, dass die stromerzeugende Heizung immer morgens gegen 5 Uhr den Betrieb aufnimmt und der Strom für fast keine Einspeisevergütung im Netz verschwindet, kann man mit der Zeitvorwahl des Geschirrspülers oder der Waschmaschine für eine Verlagerung des Stromverbrauches sorgen. So lässt sich leicht Geld sparen: Statt 30 Cent/kWh für den Bezug aus dem Netz kostet der Strom für die Maschine dann unter 10 Cent/kWh für die entgangene Einspeisevergütung bei einer PV-Anlage oder rund 4 Cent/kWh bei einer stromerzeugenden Heizung. Während für viele Verbraucher Smart-Meter ein kostenintensives Schreckgespenst sind, können Smart-Meter insbesondere bei Prosumern folglich durch den Informationsmehrwert einen echten Nutzen bringen.

Ein Smart-Meter kann Stromeigenproduktion, Eigenverbrauch und Überschusseinspeisung anschaulich darstellen. So sieht man, wann wie viel Strom zur Verfügung steht und kann zeitvariable Verbraucher wie Spülmaschinen, Waschmaschinen sowie Trockner zielgerichtet einschalten und so eine Optimierung der Stromeigennutzung erzielen.
Wahl des Messstellenbetreibers
Auch wenn Eigenerzeugungsanlagenbetreiber ihre Stromzähler seit vier Jahren nicht mehr selbst betreiben dürfen, besteht wie bei der freien Energieversorgerwahl für Prosumer auch für den Messstellenbetreiber ein Recht zur freien Anbieterwahl. Neben dem grundzuständigen Netzbetreiber können Anlagenbetreiber auch einen freien, wettbewerblichen Messstellenbetreiber mit der Messung beauftragen. Ein echter Wettbewerb hat sich jedoch nur bei großen Anlagen eingestellt. Für kleine Erzeugungsanlagen bis etwa 100 kW mit einer sogenannten Standardlastprofilmessung gibt es mit dem Unternehmen „Discovergy“ nur einen dem Bund der Energieverbraucher bekannten und bundesweit tätigen, freien Anbieter. Andere Marken wie „ComMetering“ oder „Buzzn Metering“ erscheinen zwar am Markt, setzen aber auf Discovergy als tatsächlichen Messdienstleistungserbringer. Für Mitglieder im Bund der Energieverbraucher gewährt Discovergy seit fünf Jahren gut 20 Prozent Rabatt auf den laufenden Jahrespreis in Höhe von derzeit 100 Euro pro Zähler. Der bis auf Widerruf gewährte Mitgliederrabatt muss bei Auftragserteilung beansprucht werden. Mit zwei Zählern für die Erzeugungsmessung sowie Lieferung/Bezug zum Netz kommen allerdings auch 160 Euro pro Jahr zusammen, sodass Kosten und Nutzen vor einem Zähleranbieterwechsel im Einzelfall genau abgewogen werden sollten.
Direktvermarktung
Neben dem Energieversorger und dem Messstellenbetreiber können Prosumer im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes auch den Abnehmer ihres eingespeisten Stroms inzwischen frei wählen. Dessen Vergütungszahlung ersetzt die gesetzliche Einspeisevergütung, die normalerweise der örtliche Verteilnetzbetreiber zahlt. Für größere Erzeugungsanlagen ab 100 kWp ist diese „Direktvermarktung“ inzwischen sogar obligatorisch. Für Strom aus PV-Anlagen unter 100 kWp und kleine stromerzeugende Heizungen interessiert sich jedoch kaum ein solcher „Direktvermarkter“, da sich der hohe Aufwand für kleine Strommengen nicht lohnt. Das seit April 2010 als Direktvermarkter für Kleinanlagen aktive Unternehmen „buzzn“ bot als einziger dem Bund der Energieverbraucher bekannte Direktvermarkter für Kleinanlagen lange Zeit eine um rund 1 Cent/kWh höhere Vergütung für kleine Einspeiser an. Inzwischen konzentriert sich auch dieser Direktvermarkter für Kleinstanlagen eher auf die Planung und Umsetzung lukrativerer Mieterstromprojekte. Für stromerzeugende Heizungen wird nur noch die gesetzliche Vergütung und für PV-Anlagen eine „sogar um max. 0,4 Cent/kWh“ höhere Vergütung angeboten – jeweils zuzüglich eines Bonus, wenn man lokale Stromkunden für den Anbieter wirbt. Demgegenüber steht ein Grundpreis in Höhe von 7 Euro pro Monat, sofern der „Stromgeber“ nicht bereits ein Smart-Meter von Discovergy besitzt. Damit lohnt sich die Direktvermarktung unterm Strich nur für kleine Stromerzeuger, die bereits über ein Smart-Meter verfügen.
Preiswert oder mit Stromspeicher?
Die Preise für PV-Anlagen sind mit inzwischen durchschnittlich nur noch rund 1.200 Euro pro installiertem Kilowatt Leistung für Anlagen der 10-kWp-Klasse sowie rund 1.500 Euro pro kWp bei kleineren Anlagen der 4-kWp-Klasse so günstig wie noch nie. Das bedeutet aber auch, dass die Margen für die Installateure von PV-Anlagen immer kleiner werden und daher inzwischen für gewöhnlich neben der preiswerten und oftmals sehr wirtschaftlichen PV-Anlage zusätzlich auch ein teurer Stromspeicher mit angeboten wird. Stromspeicher sind für Prosumer allerdings meist noch nicht wirtschaftlich, können aber dennoch ihren Besitzern das gute Gefühl größerer Unabhängigkeit von den großen Versorgern und unter bestimmten Voraussetzungen Zusatznutzen wie eine Ersatzstromversorgung bieten, sollte im öffentlichen Netz der Strom ausfallen. Der Trend zum teuren Solarspeicher des guten Gefühls wegen freut Hersteller und Installateure: Jede zweite neu errichtete PV-Anlage in Deutschland wird nach Zahlen des Bundesverbandes der Solarwirtschaft inzwischen mit einem Stromspeicher gekauft.
Stromspeicher oder eine größere Anlage?
Dazu eine kurze Rechnung: Bei einem Strombezugspreis von 30 Cent/kWh und einer Einspeisevergütung von 10 Cent/kWh beträgt der Eigenverbrauchsvorteil 20 Cent/kWh. Aus dieser Differenz muss sich ein Speicher – rein wirtschaftlich betrachtet – bezahlt machen. Kostet ein Speicher mit 10 kWh rund 10.000 Euro, so müsste der Speicher über eine zu erwartende Lebensdauer von 10 Jahren 50.000 kWh zwischenspeichern, um sich bezahlt zu machen. Das entspricht 5.000 kWh pro Jahr oder 13,7 kWh pro Tag – bei einem Speicher, der nur 10 kWh Kapazität hat. Hinzu kommt, dass die Effizienz der Stromspeicher zumeist nur rund 60 bis 80 Prozent beträgt. Das bedeutet: 20 bis 40 Prozent des eigentlichen gespeicherten Stroms geht verloren (siehe Erfahrungsbericht „Stromspeicher für die private Energiewende“). Auch die Lebensdauer ist zu berücksichtigen. Viele Wirtschaftlichkeitsberechnungen für eine Photovoltaikanlage plus Speicher gehen von unrealistischen 20 Jahren reibungslosem Betrieb ohne Reparaturen oder einen Akkutausch aus. Grundsätzlich ist es daher empfehlenswert, sich neben einem Angebot für eine PV-Anlage mit Speicher auch alternativ für eine größere PV-Anlage (maximal 10 kWp für einen EEG-umlagefreien Eigenverbrauch beziehungsweise unter 7 kWp für eine Vermeidung der Smart-Meter-Pflicht) einzuholen, genau zu vergleichen und einen Speicher gegebenenfalls später nachzurüsten. Die Preise für Stromspeicher sind seit Jahren im steten Sinkflug und die nachträgliche Installation eines Speichers ist einfach – ganz im Gegensatz zur Montage einer zweiten PV-Anlage, weil man nicht direkt das Dach „voll“ gemacht hat.
Strom in Wolken?
Als Alternative zum Stromspeicher oder auch um einen Stromspeicher günstig zu rechnen, bewerben einige Anbieter seit rund drei Jahren vermehrt „Community“ oder „Cloud“ Tarife. Diese Tarife haben entweder eine hohe monatliche Grundgebühr, dafür dass man seinen Strom „kostenlos“ in der Cloud speichern kann, oder die Tarife sind an die Anschaffung eines teuren Stromspeichers gebunden und enthalten dann eine „Flatrate“ für den noch aus dem Netz benötigten Strom. Aus Verbraucherschutzsicht ist stets Vorsicht geboten, wenn etwas ganz besonders billig erscheint. Dafür, dass nach der Anschaffung eines teuren Stromspeichers der in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzte Flatrate-Tarif auch tatsächlich 10 Jahre bestehen bleibt – und nicht gekündigt wird, oder der Speicherhersteller samt „Cloud“ insolvent geht, gibt es keine Garantie. Ähnliches gilt für die Cloud-Tarife mit einer hohen Grundgebühr anstelle eines Speichers: Betrachtet man die Gesamtkosten dieser Tarife, sind diese oftmals teurer als ein günstiger Ökostromanbieter.
Stromerzeugende Heizungen
Eine Sonderrolle verglichen mit den deutlich bekannteren und verbreiteteren PV-Anlagen nehmen Blockheizkraftwerke (BHKW) und Brennstoffzellen ein – sogenannte „stromerzeugende Heizungen“. Die Förderung für diese Anlagen gestaltet sich deutlich komplizierter. Für die Anschaffung gibt es im Fall von Brennstoffzellen einen Zuschuss aus dem KfW-Programm 433 und für motorische BHKW vom BAFA. Die Einspeisevergütung ist mit dem „Preis für Grundlaststrom der Strombörse aus dem vorangegangenen Quartal“ mit derzeit rund 4 Cent/kWh nochmal deutlich niedriger als bei PV-Anlagen. Dafür gibt es zusätzlich mit dem „KWK-Zuschlag“ 8 Cent/kWh für die Einspeisung und 4 Cent/kWh für den Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms. Im Gegensatz zur Sonne, die bekanntlich keine Rechnung schreibt, muss man bei einer stromerzeugenden Heizung aber auch die Kosten für den verstromten Brennstoff berücksichtigen. Die an den Brennstofflieferanten gezahlte Energiesteuer kann man sich dafür wiederum vom örtlichen Hauptzollamt auf Antrag erstatten lassen. Anders als bei einer PV-Anlage, die im Grundsatz wartungsfrei arbeitet, sind bei einer stromerzeugenden Heizung – wie bei einem Auto mit Verbrennungsmotor – die Kosten für regelmäßige Wartungen und den Austausch von Betriebsstoffen und Verschleißteilen einzuplanen. Eine Unsicherheit bei der Planung von motorischen BHKW größer 2 kW elektrischer Leistung besteht derzeit zudem dahingehend, dass der Gesetzgeber an einer Novelle des KWK-Gesetzes arbeitet und der derzeitige Entwurf des neuen Gesetzes eine Betriebsstundenbegrenzung für Anlagen größer 2 kW vorsieht, die eine Nutzung von BHKW zur Eigenerzeugung im Wohngebäudebereich -unwirtschaftlich werden lässt. Brennstoffzellen und kleine BHKW
bis 2 kW elektrischer Leistung sind – zumindest dem aktuellen Entwurf zu Folge – von den neuen Plänen des Gesetzgebers zur Ausbremsung der Energiewende in Bürgerhand nicht betroffen.
Komplizierte Materie
Ob Einholung von Angeboten potenzieller Anlageninstallateure, Auswahl eines guten und günstigen Angebotes, die Vermeidung unnötiger Kostenfallen, Prüfung der steuerrechtlichen Auswirkungen, Auswahl des passenden Messkonzeptes, Anmeldung und Durchsetzung des Vorhabens gegenüber dem Netzbetreiber sowie der weitere Papierkram nach der Inbetriebnahme wie die Anmeldung beim Markstammdatenregister der Bundesnetzagentur (siehe „Drama um PV-Anlagenregister“) – der Weg zur eigenen Stromerzeugungsanlage ist gewiss kein leichter. Und danach kommen auch noch die jährlichen Abrechnungen mit dem Netzbetreiber, dem Finanzamt und gegebenenfalls dem Hauptzollamt sowie dem Übertragungsnetzbetreiber im Fall der Stromlieferung an Mieter oder Nachbarn auf einen zu.
Zwar können sich die Betreiber kleiner Erzeugungsanlagen insbesondere bei Mieterstromprojekten viel Arbeit von Dienstleistern wie beispielsweise Buzzn, der EWS Schönau, Lichtblick, NGW Power oder Polarstern abnehmen lassen. Deren Vergütung verschlingt jedoch zumeist nahezu die mit der Maßnahme mögliche Ersparnis – was bleibt, ist das gute Gefühl, der Bürokratie ein Schnippchen geschlagen und die Energiewende vorangebracht zu haben.
Trotz all dieser von der Politik in den letzten Jahren geschaffenen bürokratischen Hürden sollte man sich von der Energiewende im – oder auf dem – eigenen Haus keinesfalls abbringen lassen. Ein Großteil der Bürokratie lässt sich beispielsweise damit vermeiden, dass man sich einen der teuren Stromspeicher zulegt und auf eine Anerkennung der Liebhaberei durch das Finanzamt hofft (siehe „Eigenerzeugung und das Steuerrecht“) und im Zweifel auf die Einspeisevergütung für die wenigen noch eingespeisten Kilowattstunden verzichtet. Denn wo es keine Einnahmen gibt, braucht es keine Abrechnung mit dem Netzbetreiber und keine Steuererklärung. Ein anderer – aufgrund deutlich aufgestockter Fördergelder seit dem 1. Januar 2020 wieder deutlich attraktiver gewordener – Ausweg aus der Bürokratiefalle ist die Installation einer Solarthermieanlage (siehe „Klimaschutzpaket: Neue Fördergelder für Hausbesitzer“). Und als Mitglied im Bund der Energieverbraucher haben Sie noch zwei besondere Joker: Auf der Prosumertagung des Vereins können Sie sich mit anderen Bürokratiebezwingern austauschen und das Prosumerzentrum des Vereins steht Ihnen bei allen Fragen zur eigenen Stromerzeugung mit fachlichem Rat zur Seite.
PV-Kleinstanlagen für Balkone und Terrassen
Seit einigen Jahren sorgen kleine tragbare PV-Systeme „für die Steckdose“ für Furore, die sich auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten aufstellen lassen. Die Idee hat Charme: An der Rückseite eines PV-Moduls wird ein kleiner Wechselrichter montiert, Kabel und Stecker dran – fertig ist eine Mini-PV-Anlage. Ganz so einfach ist die Sache aber leider nicht! Technische Sicherheitsvorschriften sowie die Gesetze gelten auch für Kleinstanlagen bestehend aus nur einem PV-Modul – sonst ist der Betrieb schlicht illegal. Unter anderem müssen die Kleinstanlagen über einen sogenannten „NA-Schutz“ verfügen. Viele der im Internet angebotenen Stecker-PV-Anlagen haben diesen Schutz jedoch nicht, selbst wenn die Anlagen als „VDE-AR-N 4105 konform mit externem NA-Schutz“ beworben werden. Angehende Prosumer sollten daher unbedingt darauf achten, eine Anlage mit „integriertem NA-Schutz“ zu erwerben.

Weiterhin behaupten viele Verkäufer dieser Anlagen, dass „Sie das Modul ohne Anmeldung einstecken dürfen“. Richtig ist: Auch kleinste Anlagen unterfallen den Regeln des EEG und man hat sogar einen Vergütungsanspruch. Auf diesen sollte man jedoch verzichten, sonst interessiert sich das Finanzamt für die Einnahmen und es fallen jährliche Mess- sowie Abrechnungsentgelte an (siehe „Eigenerzeugung und das Steuerrecht“). Eine Anmeldung beim Netzbetreiber mit Verzichtserklärung für die Vergütung sowie die Anmeldung beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur genügen und der bisherige Stromzähler wird gegen ein Modell mit Rücklaufsperre getauscht: Die Anlage kann dann ohne großen Aufwand legal betrieben werden. Aufgrund hoher Anschaffungskosten von rund 400 Euro mit Versand für sichere 300-Watt-Anlagen mit integriertem NA-Schutz zuzüglich Prüfung des Stromkreises durch einen Elektriker, Nachrüstung passender Anschlüsse und gegebenenfalls von Schutzschaltern im Sicherungskasten sowie dem Zählertausch ist die Wirtschaftlichkeit von Stecker-PV-Anlagen sehr fraglich. Eigenheimbesitzer sollten stattdessen besser in eine deutlich leistungsfähigere und bemessen an der Leistung oftmals auch günstigere Dachanlage investieren.
Checkliste für den Weg zur eigenen Stromerzeugung
- Grundsatzüberlegungen: Steht die „Gewinnerzielung“ im Vordergrund, die „Energiekostensenkung“ oder eine möglichst hohe „Autarkie“? Soll die Anlage der ausschließlichen Eigenversorgung dienen oder auch Mieter und Nachbarn versorgen? Welchen Grad an bürokratischer Belastung möchte man eingehen?
- Welcher Anlagentyp kommt in Frage? Photovoltaik, Brennstoffzelle, BHKW oder eine Kombination? Ist ein Batteriespeicher sinnvoll? Wo und wie lässt sich die Anlage installieren?
- Gegebenenfalls Konsultation eines Energieberaters zur Klärung von weiteren Optionen oder der Kombination mit anderen sinnvollen Maßnahmen wie einer Dachdämmung oder Dachneueindeckung im Zuge der Anlageninstallation.
- Abklärung der steuerrechtlichen Folgen und möglichen Veranlagung des geplanten Vorhabens.
- Einholung von Angeboten, einschließlich technischer Anlagenkonzepte, Anlagenauslegung und Wirtschaftlichkeitsberechnung sowie Messkonzepten für Strom und ggf. auch Wärme.
- Antragstellung bei Fördergeldgebern (insbesondere BAFA, KfW) sowie dem Stromnetzbetreiber hinsichtlich des Netzanschlusses und des Messkonzeptes, ggf. Einholung einer Baugenehmigung.
- Abwarten der Eingangsbestätigung von Fördergeldgebern!
- Auftragserteilung (nach Eingang der Förderzusage).
- Inbetriebnahme und deren Anzeige beim Netzbetreiber sowie dem Markstammdatenregister der Bundesnetzagentur und im Fall stromerzeugender Heizungen auch beim BAFA.
- Danach sind jährlich zu erledigen:
- Meldung der Strommengen für die Abrechnung der Einspeisevergütung und ggf. des KWK-Zuschlags an den örtlichen Verteilnetzbetreiber.
- Meldung von EEG-umlagefreien und teilweise EEG-umlagepflichtigen Stromeigenverbrauchsmengen an den Verteilnetzbetreiber (zum 28.2. des Folgejahres).
- Gegebenenfalls Meldung der an Dritte gelieferten Strommengen an den Übertragungsnetzbetreiber (zum 31.5. des Folgejahres).
- Meldung stromsteuerrelevanter Strommengen an das Hauptzollamt (zum 31.5. des Folgejahres).
- Bei stromerzeugendenden Heizungen Beantragung der Energiesteuerentlastung (spätestens bis zum 31.12. des Folgejahres).
- Steuererklärung (Anlage EÜR) und ggf. Umsatzsteuer-Jahreserklärung zusätzlich zu den monatlichen Voranmeldungen.

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