Ofenheizung feiert Comeback
Vergangenheit und Zukunft, sozial Schwache und Wohlbetuchte, Könige, Dichter, Erfinder, alte und neue Welt - ganz unterschiedliche Menschen schätzen die behagliche Wärme, die Öfen liefern. Der Ofen ist nicht aus, er kommt jetzt erst richtig in Gang.
(11. September 2006) - Noch werden Holz- und Kohleheizungen im Wohnzimmer in den letzten Altbauwohnungen gerade wegsaniert, da feiern sie gleichzeitig ihr glorreiches Comeback: Kaminöfen gehen "weg wie warme Semmeln" und liegen absolut im Trend. Zentralheizungen dagegen bleiben wegen der hohen Öl- und Gaspreise immer öfter kalt. Stattdessen sorgen Holzöfen für Wärme. Mit ihnen kostet die Kilowattstunde Wärme knapp zwei Cent, wenn man Holzhackschnitzel oder Scheitholz verbrennt. Öl oder Gas kosten dagegen fast sechs Cent. Zudem benötigen Holzöfen weniger Energie.
Vorteile der Ofenheizung
Über Jahrhunderte war es selbstverständlich, dass der Ofen dort steht, wo die Wärme gebraucht wird. Nebenräume brauchten weniger Heizung, weil sie seltener genutzt wurden und durch Warmluft und warme Wände sowieso mitgeheizt wurden. Erst Mitte des vorigen Jahrhunderts verbreitete sich die Technik der Wärmeübertragung über Warmwasser und Heizkörper. Wärme war plötzlich in allen Räumen verfügbar. Der Energieverbrauch stieg entsprechend an.
Etwa fünf Prozent aller Wohnungen werden heute noch mit Braunkohle vollständig beheizt. Die Heizkosten dafür betragen nur ein Drittel von zum Beispiel fernwärmebeheizten Wohnungen. Ofenheizungen verbrauchen auch nur halb so viel Energie wie Zentralheizungen. Die traditionellen Ofenheizungen sind also sparsam im Umgang mit Energie und darüber hinaus auch in Bezug auf die Brennstoffkosten wesentlich günstiger.

Faszinierende Romantik der offenen Flamme
Allerdings muss man den Brennstoff in die Wohnung transportieren, dort zumindest teilweise lagern und die Asche entsorgen. Nicht jeder mag morgens erst die Asche aus dem Ofen nehmen und dann mit Holz und Zeitungspapier ein Feuer machen. Andere schätzen die geringen Kosten und die Unabhängigkeit und freuen sich über etwas Bewegung.

Moderne Ofenheizungen knüpfen zwar an die Tradition an. Sie sind günstig und gemütlich. Aber modernste Technik erhöht die Bequemlichkeit. Darüber hinaus genießt man die Atmosphäre eines offenen Kamins, die Vorzüge einer direkten Strahlungswärme und die ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile einer Holz- beziehungsweise Pelletsfeuerung.
Eine übliche Zentralheizung benötigte früher für ein frei stehendes Gebäude eine Heizleistung von gut 40 Kilowatt. Heute kommt man mit knapp 20 Kilowatt aus. Wenn das Haus gut gedämmt und nicht viel mehr als 200 Quadratmeter Wohnfläche hat, reichen sogar etwa zehn Kilowatt Heizleistung. Ein Kachelofen oder ein Kaminofen bringt es ebenfalls locker auf zehn Kilowatt. Er hat also genügend Leistung, um eine ganze Wohnung oder sogar ein Haus zu beheizen.
Soziale Komponente
Heute sind die hohen Wärmepreise für viele Mieter unerschwinglich. Kachel- oder Kaminöfen bieten eine gute und preiswerte Alternative. Der Brennstoff ist günstig. Man kann ihn durch entsprechenden Muskeleinsatz fast oder sogar ganz kostenlos beschaffen (Abfallholz).
In der Nachkriegszeit verschwanden die Kohle- und Kachelöfen bei der Sanierung. Heute sehnen sich viele zurück nach den sparsamen Systemen. Eine Zentralheizung ist wie ein Auto, bequem und gleichmäßig klimatisiert. Eine Ofenheizung ist dagegen wie ein Fahrrad mit nur punktuellen Kosten und mit körperlichem Einsatz verbunden. War es einst noch ein Zeichen für Armut, in einer Wohnung ohne Zentralheizung zu hausen, ist nun schon ein Kachelofen oder ein Kamin ein Statussymbol für Bessergestellte.
Umweltbelastung
Braunkohle verpestete die Luft in Großstädten. Der Rückzug der Ofenheizung hat zum Beispiel in Berlin dazu beigetragen, dass sich die Luftqualität verbesserte. 1970 enthielt ein Kubikmeter Berliner Luft durchschnittlich 160 Mikrogramm gesundheitsschädliches Schwefeldioxid. Ende der 90er-Jahre waren es nur noch 20 Mikrogramm. Entscheidend für die Umwelt ist einerseits der Brennstoff, andererseits die Verbrennungstechnik. So sind zum Beispiel polnische Braunkohlebriketts besonders stark schwefelhaltig.
Wird die Ofenheizung als Müllverbrennungsanlage zweckentfremdet, sind die Umweltbelastungen verheerend. Feststofföfen geraten mitunter auch wegen ihrer Feinstaubbelastung in die Diskussion. Sauberes Holz oder Kohle, modern verbrannt, belasten die Umwelt nur wenig.

Wärmeübertragung
Für die Wärmeübertragung gibt es drei Systeme:
- Die direkte Strahlungswärme verteilt die Wärme im Heizungsraum. In die benachbarten Räume kann man die Wärme über
- erwärmte Luft oder
- erwärmtes Wasser transportieren.
Warmluftschlitze sind die einfachste Lösung für den Transport von Warmluft. Oft wird die Verbrennungsluft durch andere Räume geleitet oder dazu genutzt, über Wärmetauscher weitere Luft- oder Wassermengen zu erwärmen.
Grundkachelofen
Die Wärme aus dem Feuerraum strömt durch den gesamten Ofenkörper und wird so optimal ausgenutzt. Als Speicher eignen sich Schamottesteine. Nach der Aufheizzeit geben sie die gespeicherte Wärme über viele Stunden hinweg ab. Als Dauerheizung kann der Grundkachelofen an der Wand oder auch frei im Raum stehen. Sollen mehrere Zimmer beheizt werden, wird er durch die Wand gebaut. Die Wärme wird hauptsächlich über Wärmestrahlung abgegeben. Sie erwärmt nicht die Luft, sondern feste Körper und wird als angenehm empfunden.
Warmluft-Ofen
Kalte Raumluft strömt über die untere Öffnung ins Innere des Ofens, wird dort an den heißen Eisenteilen erwärmt und strömt als warme Luft in den Raum zurück. Diese Warmluft kann auch mittels Warmluftkanälen in angrenzende Räume oder darüberliegende Etagen fließen. Die Warmluft hat einen Anteil von 60 bis 80 Prozent an der abgegebenen Wärme. Der Rest ist Strahlungswärme und strahlt über die Ofenoberfläche ab.

Kombi-Kachelofen
Der Kombi-Kachelofen ist eine Mischung aus Warmluftofen und Grundofen mit gemauerten Zügen. Dies ist zur Zeit die beste Ofenanlage, weil bei Bedarf ein austauschbarer Heizeinsatz mit moderner Verbrennungstechnik (raumluftunabhängige Verbrennungsluftzufuhr, Sonderarten für andere Brennstoffarten wie Pellets, Briketts, Öl oder Gas) eingebaut werden kann. Die gemauerten Züge werden an der Ofenwand entlang geleitet, damit ein möglichst gleichmäßiger und großer Wärmeanteil abgegeben wird. Einen weiteren Vorteil bietet die schnelle Wärmeabgabe des Heizeinsatzes (etwa 15 bis 20 Minuten) und eine Speicherzeit zwischen sechs und zwölf Stunden des keramischen Zugs.
Offener Kamin
Der offene Kamin ist ein Stimmungsmacher für Herbst- und Winterabende. Der Wirkungsgrad ist allerdings mit deutlich unter zehn Prozent miserabel. Denn die Luftzufuhr kann nicht geregelt werden. Die meiste Wärme zieht ungenutzt durch den Kamin. Offene Kamine sind auch nur zum gelegentlichen Betrieb zugelassen. Schließt man einen offenen Kamin mit einer Tür, kann die Luftzufuhr geregelt werden und der Wirkungsgrad vervielfacht sich.
Kaminöfen
Die Kaminöfen sind die kleinen Brüder des Kachelofens. Sie lassen sich einfach aufstellen und brauchen lediglich einen Anschluss an einen Schornstein. Allerdings muss der Schornstein für einen solchen Kaminofen geeignet sein. Das sollte man vor dem Kauf unbedingt mit dem Schornsteinfeger klären.

Kaminöfen sind mit Schamotte ausgemauert und haben dadurch eine sehr gute Wärmespeicherfähigkeit. Sie sind bereits für weniger als 200 Euro im Baumarkt zu haben. Manche Kaminöfen haben ein Glasfenster zum Feuerraum und vermitteln so die Stimmung eines offenen Kamins.
Es gibt auch Kaminöfen mit vollautomatischer Pelletsfeuerung. Man schüttet nur einmal pro Woche Pellets nach.
Kombiöfen erwärmen im Kaminofen Wasser für eine Warmwasserheizung. Wird der Ofen nicht beheizt, übernimmt die Warmwasserheizung oder eine Solaranlage diese Aufgabe. Dieses System ist zwar bequem und auch effizient, jedoch aufwändig. Der Ofen kann nur beheizt werden, wenn das Warmwassersystem mit seinen Pumpen und Reglern voll funktionsfähig ist.
Der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik schätzt, dass im Jahr 2005 rund 350.000 Kaminöfen sowie Kamin- und Kachelofeneinsätze verkauft wurden, rund 25 Prozent mehr als 2004 und sogar fast doppelt so viele wie 2001.
Zum Vergleich: Jährlich werden etwa 600.000 bis 800.000 Zentralheizungen in Deutschland verkauft.
Geschichte
Bereits im 14. Jahrhundert heizten im Alpenraum Menschen mit Kachelöfen. 1742 konstruierte Benjamin Franklin in Amerika einen holzsparenden Ofen. In Europa war Holz knapp. Man wollte möglichst viel Wärme aus dem Brennstoff herausholen. Johann Wolfgang von Goethe entwarf selbst einen Ballonofen, der ab 1786 sein Arbeitszimmer beheizte. 1763 veranstaltete Friedrich der Große von Preußen ein amtliches Preisausschreiben zu "einem Stubenofen, so am wenigsten Holz verzehret".

Holzsparender Ballonoffen von Johann Wolfgang von Goethe
Den Preis gewann Johann Paul Baumer. Seine Erfindung wurde später als "Berliner Kachelofen" berühmt und ist gekennzeichnet durch einen Rost, eine regulierbare Luftzufuhr und eine verstellbare Rauchgasklappe. Darüber hinaus gab es einen kleinen Brennraum, einen gebremsten Wärmeabzug, eine geschlossene ummauerte Feuerung und eine ausgeklügelte Nutzung der Abwärme.
Branche im Glück
Die 40 bis 50 größeren Ofenhersteller in Deutschland freuen sich über den Boom. Andreas Müller, zuständig für das Marketing beim Kaminofen-Produzenten Hark, spricht von einer äußerst guten Stimmung in der Branche: "Die Nachfrage ist drastisch angestiegen." Nimmt die Zahl der Unternehmenspleiten hier zu Lande fortwährend zu, gibt es unter den Ofenherstellern seit längerem keine Insolvenzen mehr. Die schätzungsweise mehr als 10.000 Beschäftigten müssen sich um ihre Jobs derzeit kaum Sorgen machen. Viele Firmen würden gerne noch mehr produzieren, die Kapazitäten seien aber häufig voll ausgereizt.
Mark Twain über den Kachelofen (aus: "Europa und Anderswo")
Der beste, praktischste und sparsamste Ofen
Nehmen Sie zum Beispiel den deutschen Kachelofen - wo ist er außer in deutschen Landen anzutreffen? Ich bin sicher, dass ich ihn in Gegenden, wo Deutsch nicht die Landessprache ist, noch nicht gesehen habe. Dennoch ist er bei weitem der beste, der praktischste und sparsamste Ofen, der bis heute erfunden worden ist.

Dem unwissenden Fremden erscheint er nicht gerade vielversprechend; doch man kommt bald dahinter, dass er Meisterhaftes leistet.
Der Ofen hat ein Türchen, durch das man nicht einmal den Kopf stecken könnte -ein Türchen, das zum restlichen Bauwerk in einem krassen Missverhältnis steht; dennoch ist die Tür genau richtig, denn man benötigt kein sperriges Brennmaterial. Man benutzt Brennstoff von geringer Größe und davon traumhaft wenig. Hinter der Tür liegt eine winzige Brennkammer, die nicht mehr Brennstoff aufnimmt, als ein Kleinkind im Arm herbeitragen kann.
An einem kalten Morgen um halb acht bringt der Knecht ein Körbchen mit schlanken Kieferstreichholz an und macht die Tür zu. Nach zehn, zwölf Minuten sind sie heruntergebrannt. Dann steckt er den Rest hinein, schließt die Tür ab und geht mit dem Schlüssel davon. Die Arbeit ist getan. Erst am nächsten Morgen kommt er wieder.
Gleichmäßige Wärme im ganzen Raum
Den ganzen Tag lang und bis tief in die Nacht ist es in jedem Winkel des Zimmers herrlich warm und gemütlich, man bekommt kein Kopfweh und leidet weder unter stickiger Luft noch unter Beklemmungen. In einem Zimmer in Amerika, sei es mit Dampf, heißem Wasser oder offenem Feuer beheizt, ist es in der Nähe des Heizkörpers oder der Feuerstelle am wärmsten - die Hitze verteilt sich nicht gleichmäßig im Raum; in einem deutschen Zimmer ist es hingegen in der einen Ecke so angenehm wie in der anderen.
Nichts ist gewonnen oder verloren, wenn man neben dem Ofen sitzt. Seine Oberfläche ist nicht heiß; man kann ihn überall anfassen, ohne sich zu verbrennen. Überlegen Sie sich das einmal. Einmal einschüren hält den ganzen Tag; das Heizen kostet fast nichts; den ganzen Tag über herrscht gleichmäßige Wärme, statt dass es abwechselnd zu heiß oder zu kalt ist; man kann sich in aller Ruhe seinen Geschäften widmen; jede Angst und Sorge um das Feuer erübrigt sich; der Traum, den ganzen Tag lang körperliches Behagen zu empfinden, ist wahr geworden.
Amerikas Öfen - ein Alptraum: Halb gegrillt, halb erfroren
Amerika könnte diesen Ofen adoptieren, aber kommen die Amerikaner auf die Idee? Der amerikanische Holzofen, gleich welcher Sorte, ist ein Alptraum. Wie soll man seine Seelenruhe finden, wenn der Ofen mehr Aufmerksamkeit braucht als ein Baby? Alle Augenblicke muss man nachschüren, die ganze Zeit muss man ihn im Auge behalten; und als Lohn für all die Mühe wird man die halbe Zeit gegrillt und die halbe Zeit erfriert man.
Er erwärmt keinen Winkel des Zimmers außer dem, in dem er steht; er erzeugt Kopfweh und Erstickungsangst; die Haut fühlt sich trocken und fiebrig an; und wenn die Holzrechnung kommt, meint man, einen Vulkan gespeist zu haben.
Rechte von Mietern und Vermietern
- Als Mieter einer ofenbeheizten Wohnung können Sie Ihren Vermieter nicht dazu zwingen, eine Sammelheizung einzubauen.
- Wenn Sie sich auf eigene Kosten eine Gasetagenheizung einbauen wollen, müssen Sie auf jeden Fall zuvor die Zustimmung des Vermieters einholen. Mittlerweile gehen die Gerichte davon aus, dass der Mieter grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung hat. Der Vermieter darf sie nur verweigern, wenn er berechtigte Interessen geltend machen kann. Als akzeptabler Grund gilt vor allem, wenn er in absehbarer Zeit vorhat, selber zu modernisieren (beispielsweise innerhalb eines Jahres). Als Mieter müssen Sie die Arbeiten von einem Fachbetrieb ausführen lassen und tragen dann auch alle Folgekosten (zum Beispiel für Wartung und Reparaturen). Der Vermieter kann verlangen, dass die alten Kachelöfen stehen bleiben.
- Der Einbau einer zentralen Heizungsanlage an Stelle der Ofenheizung durch den Vermieter stellt eine Wohnwertverbesserung dar und gilt daher als Modernisierung. Grundsätzlich müssen Sie daher den Heizungseinbau dulden, es sei denn, die Maßnahme würde für Sie wegen der zu erwartenden Mieterhöhung eine unzumutbare finanzielle Härte bedeuten. Das greift jedoch nicht, wenn durch die Maßnahmen lediglich ein allgemein üblicher Zustand hergestellt wird.
- Das Reinigen der Kachelöfen ist vom Vermieter zu tragen, sofern diese Pflicht nicht mietvertraglich auf den Mieter abgewälzt wurde. Wenn Sie einen solchen Passus in Ihrem Mietvertrag haben, sollten Sie sich unbedingt beraten lassen! Nicht immer ist er wirksam.
- Den Einbau isolierverglaster Fenster in eine ofenbeheizte Wohnung müssen Sie nicht in jedem Fall dulden. Nutzen und Zweckmäßigkeit von Isolierglasfenstern sind in diesem Fall als gering anzusehen, so die Rechtsprechung.
- Ein Kohlebeistellherd ist keine geeignete Kochmöglichkeit. Der Vermieter muss zusätzlich elektrische Kochplatten stellen.
- Es gibt keinerlei öffentliche Zuschüsse mehr für den Einbau einer Heizung auf Mieterkosten.
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