Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14. März 2012

Az: VIII ZR 93/11

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In dem Verfahren VIII ZR 93/11 verlangt die Klägerin, ein Gasversorgungsunternehmen, von dem Beklagten, einem ehemaligen Sonderkunden, die Zahlung restlichen Entgelts für Gaslieferungen im Zeitraum Januar 2004 bis Februar 2008. Die Klägerin erhöhte seit Vertragsbeginn im Jahre 1998 mehrfach den Arbeitspreis auf der Grundlage einer ebenfalls unwirksamen Preisanpassungsklausel. Der Beklagte leistete bis Mitte 2005 die geforderten Abschlagszahlungen und wandte sich bis dahin auch nicht gegen die Jahresabrechnungen. Im Juli 2005 erhob er erstmalig Widerspruch und berief sich auf die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen. Danach behielt er erhebliche Rechnungsbeträge ein. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten hin abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revisionen der Energieversorger hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass den jeweiligen Ansprüchen nicht, wie von den Berufungsgerichten angenommen, die bei dem jeweils viele Jahre zurückliegenden Vertragsschluss vereinbarten Arbeitspreise zugrunde gelegt werden können. Vielmehr ist die durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel in den Verträgen entstandene Regelungslücke im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB* in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhung, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat. Denn eine derartige Regelung hätten die Parteien bei einer Abwägung ihrer Interessen redlicherweise vereinbart, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war.

Der Senat hat die Verfahren an die Berufungsgerichte zurückverwiesen, damit die erforderlichen Feststellungen dazu getroffen werden können, wann den Kunden die einzelnen Jahresabrechnungen zugegangen sind und gegen welche Preiserhöhungen die jeweiligen Widersprüche daher noch rechtzeitig vor Ablauf von drei Jahren erhoben worden sind.
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(Zitiert aus Pressemitteilung des BGH vom 13.03.12)

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Pressemitteilung Nr. 35/2012 vom 13.03.2012:

Zu den Folgen unwirksamer Preisanpassungsklauseln in Erdgas-Sonderkundenverträgen

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