Einspeisung ans Finanzamt
Allein 2009 investierten fast 140.000 Hausbesitzer in ihr eigenes solares Kleinkraftwerk. Den wenigsten ist dabei bewusst, auf welches steuerrechtliche Abenteuer sie sich dabei einlassen. Besonders die Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) Anfang 2009 und Juli 2010 verunsichern viele Solarbegeisterte. Selbst Verbände und Fachleute verbreiten widersprüchliche Empfehlungen.
(14. September 2010) Jeder Solarstromerzeuger, der eine Vergütung nach EEG erhält, ist aus Sicht des Finanzamts Gewerbetreibender. Das gilt bei netzgekoppelten Anlagen selbst dann, wenn der Besitzer den Strom vollständig selbst verbraucht: Für Anlagen ab Baujahr 2009 schreibt das EEG auch dafür eine Vergütung fest.
Als Unternehmer kann sich der Anlagenbetreiber die beim Kauf der Anlage bezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt wieder zurückerstatten lassen. Das ist immerhin ein Sechstel der Investitionssumme und gilt unabhängig davon, ob die Anlage insgesamt einen Gewinn oder Verlust erzielt. Allerdings muss er dazu auf die „Kleinunternehmerregelung" verzichten und monatlich seine Umsatzsteuer voranmelden sowie eine jährliche Erklärung zur Umsatzsteuer abgeben.
Sonniges Gewerbe?
Eine Gewerbeanmeldung beim örtlichen Ordnungsamt ist dennoch in den meisten Fällen nicht notwendig - selbst wenn Finanzbeamte aus Gewohnheit darauf hartnäckig bestehen und manche Internetseiten von Fachhändlern oder der Solarszene das Gegenteil behaupten. Steuerrecht und Ordnungsrecht sind zwei getrennte Rechtsbereiche, die nicht miteinander verknüpft sind: Man kann steuerlich Unternehmer sein, ohne ein Gewerbe anmelden zu müssen.
Bei Photovoltaikanlagen bis drei Kilowatt (kWp) Größe auf Privatgebäuden schloss der Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht im Jahr 2002 eine Anmeldung sogar prinzipiell aus.
Darüber hinaus entscheidet das Ordnungsamt zwar nach eigenem Ermessen. Der Hinweis, dass die im privaten Rahmen betriebene Anlage „nicht dem üblichen Bild eines Gewerbebetriebs" entspricht, sollte aber genügen, um ordnungsrechtlich als „Bagatelle" eingestuft zu werden. Sicherheitshalber empfiehlt sich eine formlose Anfrage. Eine Gewerbeanmeldung zieht einen Rattenschwanz von weiteren Kosten und Formalien nach sich, zum Beispiel höhere Müllgebühren, Zwangsmitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft, die man klugerweise vermeiden sollte.
Der Fiskus verdient mit
Die Einspeisevergütung nach EEG erhält der Anlagenbetreiber im Jahr der Inbetriebnahme sowie über einen Zeitraum von 20 Kalenderjahren hinweg. Im steuerlichen Sinn gewinnbringend ist die Anlage, wenn in diesem Zeitraum die Summe der Einnahmen größer ist als die Summe der Kosten. Als Kosten zählt hier nicht nur der Anschaffungspreis, der in Form von Abschreibungen über 20 Jahre aufgeteilt werden muss, sondern auch Betriebskosten wie Versicherungen, Zählergebühren, Kreditzinsen, Reparaturen und Austausch defekter Anlagenteile.
Diese Berechnung von „Einnahmen abzüglich Kosten ergibt Überschuss" erfolgt jährlich. Der Anlagenbetreiber muss sie in einer gesonderten Gewerbesteuererklärung deklarieren. Gewinne müssen versteuert werden - für sie gilt der persönliche Einkommensteuersatz, der auch von der Höhe der sonstigen Einkünfte abhängt. Umgekehrt senken Verluste die persönliche Steuerschuld, allerdings nur dann, wenn die Anlage innerhalb von 20 Jahren insgesamt wenigstens kostendeckend arbeitet.
Einspeisen oder selbst verbrauchen?
Für Anlagen, die ab 2009 ans Netz gehen, erhalten die Betreiber auch dann eine EEG-Vergütung, wenn sie den selbst produzierten Solarstrom nicht ins öffentliche Stromnetz einspeisen, sondern ganz oder teilweise direkt verbrauchen. Im Gesetz ist dafür ein spezieller Vergütungssatz festgelegt, der mit der letzten Änderung zum 1. Juli 2010 nochmals differenziert wurde: Wer mehr als 30 Prozent des Solarstroms selbst verbraucht, erhält für den über dieser Grenze liegenden Anteil einen etwas höheren Vergütungssatz.
Einspeisen oder selbst verbrauchen?
Vergütung pro Kilowattstunde in Cent 2) |
Inbetriebnahme2009 |
Inbetriebnahme bis 30. Juni 2010 |
Inbetriebnahme ab 1. Juli 2010 |
Inbetriebnahme ab 1. Oktober 2010 |
netto bei Einspeisung |
43,01 |
39,14 |
34,05 |
33,03 |
netto bei Direktverbrauch |
25,01 |
22,76 |
17,67 |
22,05 1) |
16,65 |
21,03 1) |
Differenz |
18,0 |
16,38 |
16,38 |
12,0 1) |
16,38 |
12,0 1) |
Differenz plus 19% Umsatzsteuer |
21,42 |
19,49 |
19,49 |
14,28 |
19,49 |
14,28 |
Tabelle Vergütungssätze (Stand Juli 2010)
1) Wenn der Direktverbrauch des Solarstroms 30% des insgesamt erzeugten Solarstroms übersteigt, gilt für diesen Anteil die höhere Vergütung.
2) Vergütungssätze für Anlagen bis 30 Kilowatt (kWp) installierter Leistung nach dem EEG und der zuletzt vom Deutschen Bundestag beschlossenen Änderung zum Juli 2010.
Lukrativ ist der Direktverbrauch dann, wenn der Bezugspreis (ohne Umsatzsteuer) für Strom vom Versorger gleich oder größer ist als die Differenz der EEG-Vergütungssätze für Einspeisung und Direktverbrauch (siehe Zeile „Differenz" in der Tabelle „Vergütungssätze"). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vergütungssätze für den EEG-Vergütungszeitraum festgelegt sind, während die Strompreise vom Energieversorger vermutlich weiter steigen werden.
EEG-Umlage auch für Eigenverbrauch
In den vergangenen Jahren kletterten sie um rund vier Prozent pro Jahr. Selbst wenn die Preise nur um zwei Prozent steigen, summiert sich der Vorteil für Eigenverbraucher im Lauf von 20 Jahren auf rund 1000 Euro (Jahresverbrauch von 1.000 Kilowattstunden). Übrigens kann der Betreiber während der Vergütungsdauer jederzeit zwischen Volleinspeisung und Eigenverbrauch wechseln.
Steuerliche Behandlung des Eigenverbrauchs
Für Eigenverbraucher wird die steuerliche Behandlung komplizierter: Obwohl es seit 2009 möglich ist, Solarstrom selbst zu verbrauchen, haben die Netzbetreiber dafür noch keine einheitliche Vorgehensweise gefunden. Einfach und für das Finanzamt nachvollziehbar wäre der Vorschlag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW): Danach entnimmt der Anlagenbetreiber als Unternehmer selbst produzierte Güter zum privaten Gebrauch. Deshalb muss diese Privatentnahme versteuert werden, sowohl umsatzsteuerlich als auch ertragssteuerlich. Verfährt man dafür wie vom BMF vorgegeben, könnte pauschal die Differenz zwischen der Vergütung für Voll-Einspeisung und der Vergütung für Direktverbrauch angesetzt werden.
Für Neu-Anlagen des Jahres 2009 wären das 43,01 Cent minus 25,01 Cent, also 18 Cent. Für im ersten Halbjahr 2010 errichtete Anlagen macht die Differenz noch 16,38 Cent aus. Steuerfachleute streiten derzeit noch darüber, ob das mit dem komplizierten Steuerrecht vereinbar ist.
Unabhängig vom Expertenstreit bleibt noch viel Aufklärungsbedarf für Anlagenbetreiber, wie denn die Solar-Steuererklärung praktisch zu handhaben ist. Der Dachauer Steuerberater Peter Schemm hat aus diesem Grund für kleinere Anlagen standardisierte und deshalb vergleichsweise kostengünstige Beratungsleistungen entwickelt und bietet diese auch überregional an. Weiß man einmal, wie es geht, ist aber auch die steuerliche Behandlung von privaten Solarstromanlagen nicht mehr so schwierig. Und mit Freundlichkeit bekommt man meist auch bei den Sachbearbeitern der Finanzämter Rat und Hilfe.

Thomas Seltmann recherchierte und publizierte als einer der Ersten zu den steuerlichen und rechtlichen Fragen bei Solarstromanlagen. Sein Fachbuch-Bestseller „Photovoltaik: Strom ohne Ende - Netzgekoppelte Solarstromanlagen optimal bauen und nutzen" beantwortet ausführlich alle wichtigen Anwenderfragen (4. Auflage 2009, Beuth-Verlag Berlin). Er hält Vorträge auch zu den Themen dieses Beitrags: www.thomas-seltmann.de
Weitere Tipps
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) hat eine Photovoltaik-Steuerbroschüre herausgegeben, die in Kürze in aktualisierter Form erscheint: www.solarwirtschaft.de
Der Verband hält ein kostenloses Merkblatt zum „Direktverbrauch von Solarstrom" zum Download bereit: (9. Auflage Juni 2010)
Der Solarenergie-Förderverein bietet zahlreiche Beiträge zu diesen und anderen Betreiberfragen.
Der Dachauer Steuerberater Peter Schemm zeigt, wie man für kleinere Anlagen mit ein wenig Hilfe selbst die Steuerprobleme angehen kann an.
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