Stromrechnung

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Horror-Rechnungen abwehren

Von Leonora Holling

(16. Juni 2021) In seltenen Fällen ist davon auszugehen, dass geeichte Zähler falsch gemessen haben, auch wenn eine spätere Befundprüfung der Messeinrichtung unauffällig ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die abgerechnete Energiemenge unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verbrauchsverhältnisse auch bei großzügiger Betrachtung vollständig unplausibel ist, so das OLG Brandenburg (Az. 6 U 151/18).

Im gegenständlichen Fall erhielt ein Energieverbraucher eine Stromrechnung für einen Verbrauch, der weit über dem lag, was bisher jährlich verbraucht wurde und was in Anbetracht seiner Verbrauchsverhältnisse zu erwarten wäre. Anders als die meisten Gerichte erster Instanz, die in der Regel auf die Richtigkeit der Messung anhand einer Befundprüfung abstellen, erkannte das OLG Brandenburg an, dass technische Messfehler vorliegen können, die sich später nicht erklären oder rekonstruieren lassen.

Abrechnungen über unplausibel hohe Energiemengen stellen insoweit zudem einen „offensichtlichen Fehler“ in der Abrechnung entsprechend § 17 Absatz 1 Nummer 1 StromGVV dar, der dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet, die Zahlung zu verweigern.

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Horror-Rechnung nach Ablesefehler

Heribert Heilmann fiel beim Betrachten seiner Stromrechnung aus allen Wolken: Der Energieversorger fordert eine Nachzahlung in Höhe von 11.384,47 Euro von ihm. Über gut zehn Jahre wurde sein Stromzähler nicht abgelesen, sondern der Verbrauch maschinell geschätzt. Mit einer Ablesung durch den Netzbetreiber kam das böse Erwachen. Leider ist Herr Heilmann kein Einzelfall!
Von Leonora Holling und Louis-F. Stahl

(30. Oktober 2019) Strom und Gas zu verbrauchen ist immer mit einem kleinen finanziellen Risiko verbunden. Unterjährig leisten Verbraucher lediglich monatliche Abschlagszahlungen auf Grundlage des zu erwartenden Verbrauchs. Nur einmal im Jahr erfolgt eine Endabrechnung auf Basis eines Zählerablesewertes. Die Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endstand des Zählers ergibt den abrechnungsrelevanten Verbrauch, aus dem sich der zu zahlende Preis ergibt. Die geleisteten monatlichen Abschlagszahlungen werden gegengerechnet und sodann ergibt sich entweder eine Nachzahlung oder eine Erstattung. So zumindest die Theorie.

1117 1671 Stromzähler ablesen / Foto: Markus Bormann / stock.adobe.com

Erfundene Abrechnungswerte

In der Praxis liegen dem Versorger die genauen Zählerstände zu den Stichtagen am Anfang sowie am Ende des Abrechnungszeitraumes regelmäßig nicht vor. Hier kommt die sogenannte „maschinelle Berechnung“ ins Spiel. Der Versorger schätzt einfach, welcher Zählerstand vorgelegen haben dürfte. Das ist auch in Ordnung, wenn ein paar Wochen vor oder nach den Stichtagen abgelesen wird. Zunehmend errechnen die für den Messstellenbetrieb grundzuständigen Netzbetreiber jedoch Schätzwerte auf Basis von Schätzwerten.

Während früher Mitarbeiter der Netzbetreiber regelmäßig von Haus zu Haus gingen und die Zählerstände aufnahmen, verlässt sich die Energiewirtschaft inzwischen fast nur noch auf die an Kunden versendeten Ablesekarten. Meldet der Kunde keinen Zählerstand, wird einfach geschätzt. Meldet der Kunde einen aus Sicht des Netzbetreibers unplausiblen Zählerstand, wird ebenfalls geschätzt. So kann es dazu kommen, dass über Jahre Abrechnungen auf Basis von geschätzten Werten erfolgen.

Nachzahlung für 10 Jahre keine Seltenheit

Wird irgendwann eine „Vor-Ort-Ablesung“ vorgenommen, folgt nicht selten eine gewaltige Nachzahlungsforderung. So auch im Fall von Heribert Heilmann (Name geändert). Der Pensionär schloss im Mai 2009 einen Vertrag über Heizstrom mit einem großen Energieversorger. Sofern Ablesekarten vom Netzbetreiber ins Haus kamen, meldete er seine Zählerstände. Die Ablesewerte erschienen dem Netzbetreiber jedoch zu hoch und wurden immer wieder als „unplausibel“ verworfen. An Stelle der vom Verbraucher übermittelten Werte erfolgten die Abrechnungen des Versorgers über Jahre auf Grundlage der vom Netzbetreiber gemeldeten maschinellen Schätzwerte. Heribert Heilmann zahlte wiederum stets die auf den Jahresabrechnungen seines Versorgers fett gedruckten Summen – ohne die kleingedruckten Zählerstandswerte zu prüfen.

Keine Verjährung

Ein böser Fehler! Aber es kommt noch schlimmer: Die Verjährung von Stromabrechnungen beginnt nur, wenn „der Gläubiger von den, den Anspruch begründenden Umständen […] Kenntnis erlangt“ hat. Und dem Versorger waren angeblich nur die vom Netzbetreiber falsch geschätzten Werte bekannt, weshalb Heribert Heilmann im Ergebnis wohl zahlen müsste.

Ob Herr Heilmann neben dem Netzbetreiber nicht doch auch seinem Versorger Zählerstände mitgeteilt hat, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Herr Heilmann verstarb und hinterließ seiner Familie keine Aufzeichnungen über Meldungen an seinen Versorger. Das Schicksal der jetzt zahlungspflichtigen Angehörigen von Herrn Heilmann ist bitter, aber leider kein Einzelfall.

Der Bund der Energieverbraucher fordert, dass die Regelungen zur Verjährung von Energierechnungen derart korrigiert werden, dass sich Verbraucher auf die Rechnungshöhe verlassen und nicht nach vielen Jahren für die Fehler von Netz- und Messstellenbetreibern haftbar gemacht werden können.

So verhindern Sie Horror-Rechnungen:
  • Notieren Sie regelmäßig schriftlich Ihre Zählerstände. Gehen Sie bei mehreren Zählern sicher, den richtigen Zähler zu notieren. Ihre Zählernummer finden Sie auf der letzten Stromrechnung.
  • Melden Sie mindestens jährlich und zusätzlich bei jeder Preisänderung unaufgefordert dem Energieversorger und dem Netzbetreiber den Zählerstand. Wer Ihr Netzbetreiber ist, steht ebenfalls auf Ihrer letzten Stromrechnung.
  • Prüfen Sie auf jeder Abrechnung, ob Ihre gemeldeten Zählerstände richtig berücksichtigt wurden.
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