Sonne des Südens
Barcelona schreibt Solarkollektoren bei Renovierung und Neubau vor
(21. März 2004) - Die Verordnung kommt ursprünglich aus Berlin, umgesetzt wurde sie dann aber im spanischen Barcelona: Wer ein Haus neu baut oder renoviert, muss eine Solaranlage einbauen, sofern in dem Gebäude größere Mengen an warmem Wasser benötigt werden. Ein Erlass mit Schubwirkung, Barcelona mausert sich seitdem zu einem der führenden Solarstandorte Spaniens.
"In diesem Moment überprüfen wir die Solarenergieverordnung, um ihre Anwendung auszuweiten, denn wir sind nun in der Lage, das zu tun." So fasst Imma Mayol den Diskussionsstand in Barcelona zusammen. Die grüne Stellvertreterin des sozialistischen Bürgermeisters ist stolz auf den Verlauf des Projektes, das im August 2000 begonnen hat.
Seither schreibt die "Verordnung über solarthermische Energiesysteme" vor, alle Neubauten, seien es Wohn- oder Bürohäuser, Hotels oder Sportanlagen, mit Solaranlagen auszustatten, wenn größere Mengen Warmwasser verbraucht werden.
Widerstände im Bausektor
"Die Verordnung traf auch auf Generalsanierungen zu und erzeugte große Widerstände im Bausektor, die bald abgebaut wurden," erklärt Imma Mayol. "Wir haben in einem Dialog herausgeschält, welche Probleme es mit der Verordnung gibt und welche Widerstände einfach auf reiner Gewohnheit oder dem Fehlen von Wissen über die Solarenergie beruhten." Unwissenheit war ein großer Faktor für die Ablehnung, so wurden Wartungsprobleme und die Verteuerung beim Bau angeführt.

Barcelona steigt um auf solar: Sonnenwärme wird nicht nur auf den Dächern zur Erzeugung von Warmwasser genutzt, sondern auch wie hier in der cocina solar auf der Plaça Catalunya zum Kochen, um die Kraft und die Möglichkeiten der Sonnenenergie zu zeigen.
Doch die Praxis hat gezeigt: Die Wartung ist sehr einfach und die Subventionierung der Anlagen zu 25 Prozent durch die Stadt erhöhen die Baukosten nur um ein Prozent. In spätestens fünf Jahren haben sich die Mehrkosten amortisiert.
Auch die Nutzer der Anlagen ziehen eine positive Bilanz. Der junge Toni Sacvadó lebt seit fünf Jahren als Mieter in einem Haus, das als Pilotprojekt für die Verordnung diente: Die Erfahrung ist, man bemerkt die Solaranlage praktisch nicht.
20 bis 25 Prozent weniger Heizkosten
Es gibt keine Probleme, denn es handelt sich um ein Mischsystem. Wenn die Kollektoren nicht die geforderte Menge Wasser für die Heizung und das Warmwasser zur Verfügung stellen, schaltet sich ein Gasboiler zu. Bemerkbar macht sich die Anlage doch, etwa 20-25 Prozent weniger Heizkosten fielen an, sagt Toni Sacvadó.
Auch Miguel Reñé, Sprecher der Energieagentur, ist stolz auf die Erfolge. Die Agentur berät beim Bau, überwacht die Installation der Anlagen und den Fortgang des Projekts: Bevor die Verordnung in Kraft trat, gab es hier etwa 1000 Quadratmeter installierter Kollektorfläche.
"Im letzten Frühjahr hatten wir in unserem Jahresbericht 14.027 Quadratmeter festgestellt. Wir hoffen, und ich glaube, wir haben Ende 2003 die 20.000 Quadratmeter-Schwelle erreicht." Das bedeutet, die Kollektorfläche hat sich in gut drei Jahren verzwanzigfacht.
Erfolg spricht sich herum
Eingespart wird so jährlich die Emission von etwa 2600 Tonnen des schädlichen Treibhausgases CO2. Der Erfolg hat sich herumgesprochen und viele Städte im spanischen Staat haben das Modell sogar in verschärfter Form übernommen, berichtet Miguel Reñé.
In Katalonien denkt man auch darüber nach, ob nun eine Vorschrift zur Gewinnung von Solarstrom kommen sollte. In einem Pilotprojekt wird schon einmal ausprobiert und derweil wird intensiv über das weitere Vorgehen diskutiert, erklärt die Grüne Imma Mayol: "Ob wir darüber eine Verordnung machen, ist noch unklar, auch wenn das geplant war. Derzeit überlegen wir, ob es nicht besser ist, die thermische Nutzung auszubauen und die Energie aus der Photovoltaik nur zu stimulieren. Wir prüfen gerade, welche Elemente das ermöglichen."
Mit der geplanten Ausweitung der bestehenden Solarverordnung auf kleinere Gebäude könnten bis ins Jahr 2010 etwa 100.000 Quadratmeter Kollektoren entstehen, ein Drittel mehr als einst geplant. Deshalb ist man erstaunt über die Ergebnisse in Berlin, dessen Verordnung von 1997 die Katalanen kopiert haben.
Doch in Berlin wurde auf Druck der Baulobby nur eine freiwillige Selbstverpflichtung bestimmt. Ergebnis: 5000 Quadratmeter Kollektoren, fünf Prozent der geplanten Fläche.
(Ralf Streck, Deutschlandradio)
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