Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 10. November 2005
Az: 7 O 116/05
Dieses Urteil aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung nicht mehr aktuell!
Ergänzungsurteil zur Verfügung des Landgerichts Mönchen-Gladbach vom 31. August 2005
Download Landgericht Mönchengladbach vom 10. November 2005 - Az: 7 O 116/05
Zusammenfassung
Die seit 13.7.2005 ausschließlich zuständige Kammer für Handelssachen des Landgerichts verpflichtet den Gasversorger trotz Kündigung des Versorgungsvertrages.
Sachverhalt
Der Kläger kürzte die Jahresrechnung und berief sich zur Begründung auf die Unbilligkeit der Gaspreiserhöhung (§ 315 BGB). Daraufhin kündigten die beklagten Stadtwerke den Versorgungsvertrag fristgerecht. Gegen die auf Antrag des Klägers erlassene einstweilige Verfügung vom 31.8.2005, mit der sie zur weiteren Energielieferung verpflichtet worden waren, legten die Stadtwerke Widerspruch ein.
Die Entscheidung
Der Widerspruch bleibt im Wesentlichen erfolglos. Die seit Inkraftreten des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) am 13.7.2005 ausschließlich zuständige Kammer für Handelssachen des Landgerichts bestätigt seine einstweilige Verfügung durch das Urteil. Nach der fristgerechten Kündigung des Versorgungsvertrages bleiben die Stadtwerke zur Gaslieferung an Haushaltskunden zu den im Internet veröffentlichten Preisen verpflichtet. Diese Verpflichtung ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG. Da die Veröffentlichung im Internet auf die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden (AVBGasV) Bezug nimmt, diese Verordnung aber nicht mehr auf gekündigte Verträge anwendbar ist, ist die Veröffentlichung falsch und hält der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB mit der Folge nicht stand, dass der Kläger nur einen nach billigem Ermessen zu bestimmenden Preis bezahlen muss (§ 315 BGB). Ohne die - von der Beklagten verweigerte - Offenlegung ihrer Kalkulation ist dem Gericht eine Billigkeitsprüfung nicht möglich und der Kläger deshalb nicht zur Zahlung des erhöhten Gaspreises verpflichtet. Die Genehmigung der Tarife durch die zuständige Aufsichtsbehörde steht der Überprüfung am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB nicht entgegen.
Stellungnahme
Das Gericht äußert sich zu Rechtsfragen, die durch das neue Energiewirtschaftsgesetz aufgeworfen werden und die von der Rechtsprechung naturgemäß noch nicht abschließend behandelt wurden. Deshalb hat die Kammer die Berufung zum Oberlandesgericht zugelassen. Neu ist die Zuständigkeit der Landgerichte nach §§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG. Dem Versuch des Versorgers, seinem Zahlungsverlangen durch Kündigung des Versorgungsvertrages Nachdruck zu verleihen, erteilt das Gericht eine Absage. Das Unternehmen ist als Grundversorger (§§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG) weiterhin zur Gaslieferung verpflichtet. Eine Ausnahme besteht, wenn die Versorgung für das Energieversorungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist. Der Begriff der Unzumutbarkeit bedurfte vorliegend keiner weiteren Konkretisierung. Das Gericht belässt es bei der Feststellung, dass die Zahlungsverweigerer einiger weniger Kunden nicht geeignet ist, die Beklagte in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen und die Möglichkeit von Nachahmern kein beachtliches Argument darstellt. Die Verpflichtung zur Offenlegung der Preiskalkulation leitet das Gericht aus dem Transparenzgebot (§ 307 I Satz 2 BGB) her, dass in den §§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG eine Konkretisierung erfahren hat.
RA Bräutigam
Ergänzung: Während der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2006 im Berufungsverfahren am OLG Düsseldorf (Az: VI 2 U 16/05 (Kart)) nahm der Versorger seine Berufung zurück. Weitere Informationen
Zur Kommentierung im Forum dazu
Segment-ID: 4814